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Flugbrandkrankheit der Gerste

Flugbrandkrankheit der Gerste
Die Flugbrandkrankheit der Gerste (Ustilago nuda; s. Abb) ist eine samenbürtige Pilzkrankheit, bei der die Ähren zu einem Brandsporenlager umgebildet werden. Unter ökologischen Saatgutvermehrungsbedingungen muss diese Krankheit besonders berücksichtigt werden, da bereits mehr als 3 bzw. 5 flugbrandkranke Pflanzen auf 150m² zu einer Aberkennung des Bestandes für die Basis- bzw. Z-Saatguterzeugung führen.

Unterscheidung der verschiedenen Brandarten der Gerste

Der Flugbrand (Ustilago nuda =  loose smut [Abb.links]) und der Schwarzbrand (Ustilago nigra = false loose smut) weisen die gleichen Krankheitssymptome auf: frühzeitiges Aufreißen der Brandsporenlager und verstäuben der Sporen. Beim Hartbrand (Ustilago hordei = covered smut) dagegen bleiben die Brandsporenlager bis zur Kornreife von einem Häutchen umschlossen. Die Konsistenz der Hartbrandähre ist plastisch-hart. Im Sporenkeimungstest gleichen sich allerdings Schwarzbrand  und Hartbrand, da bei diesen beiden das Promycel Sporidien bildet. Diese beiden rufen Kornkeimlingsinfektionen hervor. Flugbrand bildet dagegen ein Dauermycel im Embryo.

Symptome und Krankheitsverlauf

Die Infektion geht von Sporenlagern aus, die sich auf einer kranken Pflanze anstelle der Samen gebildet haben. Über die Luft gelangen die Flugbrandsporen auf Narben und Fruchtknoten einer gesunden Gersten.
Die optimalen Keimtemperaturen für die Flugbrandsporen auf Narben und Fruchtknoten in einer gesunden Blüte liegen bei 18-20°C und einer relativen Luftfeuchte von 96-98% (1). In Regionen mit geringer Luftfeuchtigkeit wird Flugbrand deshalb auch selten gefunden (2). Wenn die Gerstenblüte bereits bestäubt wurde, die Samenanlagen sich zum Samen umbilden und insbesondere die Samenschale ausgebildet ist, können die Pilzhyphen sie nicht mehr durchdringen. Sind die Pilzhyphen aber schon eingedrungen, wachsen sie  in den Embryo und bilden dort dickwandige Dauerhyphen (3). Daneben ist es auch möglich, dass Sporen auf dem Blütengrund direkt durch die Epidermis des  Fruchtknotens hindurch wachsen, wodurch eine starke Schädigung des Embryos stattfindet.

Keimt das infizierte Korn, so wächst das Pilzmycel im Pericarp hauptsächlich intrazellulär, im Endosperm interzellulär, dringt auch in die Aleuronschicht und besiedelt zuletzt das Scutellum. Von dort wächst das Mycel interzellulär unmittelbar hinter dem Vegetationspunkt her, in die Halme, die Blätter und die Ährenanlage, und wird mit der Internodienstreckung aufwärts getragen (4). Normalerweise geht der Pilz in den Ährenanlagen der Wirtspflanze erst in der Blühreife zur Sporenbildung über.

Umgebungsbedingungen

Wenn die Gerste bei feucht-warmer Atmosphäre und trockenem Boden noch vor dem Ährenschieben geschlossen abblüht so wird die Infektion unmöglich gemacht (3). Kühles Wetter dagegen verlängert die Blütezeit und erhöht insofern die Infektionsmöglichkeit. Bedingungen, welche die Infektion mit Flugbrand während der Blüte begünstigen, sind Temperaturen von 18-25°C und 80-100% Luftfeuchte. Bei Temperaturen unter 12°C finden nahezu keine Infektionen mehr statt (5). Niedrige Temperaturen bei der Keimung verhindern den Befall, da nur bei genügend hohen Temperaturen der Pilz schnell genug in den Embryo vordringen kann (6). Keimt das Getreidekorn bei nahe 0°C dann wächst das Pilzmycel nicht mit. Findet die Keimung der Gerste bei höheren Temperaturen statt, so dass das Pilzmycel sofort zum Vegetationspunkt gelangen kann, so können darauf folgende tiefe Temperaturen den Befall nicht mehr vermindern (3).

Hohe Temperaturen um 23°C begünstigen die Brandährenentwicklung (3). Deshalb fördert späte Aussaatzeit im Frühjahr, sofern sie mit höheren Temperaturen verbunden ist, auch den Flugbrandbefall. Flugbrand tritt dann stärker in Sommer- als in Wintergetreide auf. Verschiedene Bodenarten und Stickstoffdüngung haben kaum einen Einfluss auf den Flugbrandbefall (7).

Beim Flugbrand handelt es sich also um eine wärme- und feuchtigkeitsbezogene Gerstenkrankheit.

Für eine fortgesetzte Saatguterzeugung unter ökologischen Anbaubedingungen, bei der eben keine chemisch-synthetischen Saatgutbehandlungsmittel eingesetzt werden, ist eine möglichst geringe Anfälligkeit anzustreben. Feucht-warme Witterung während der Keimung und der Blüte erhöht die Anfälligkeit der Gerste. Dem kann vom Landwirt durch geschickte Wahl des Saatzeitpunktes mit für den Flugbrand allzu kühlen Temperaturen entgegen gewirkt werden. Leider kann man sich nicht immer auf eine entsprechend günstige Witterung verlassen. Um auch in diesen Fällen, den Befall möglichst gering zu halten, sind Sorten erforderlich, die dem Pilzwachstum unter natürlichen Verhältnissen keinen Angriffspunkt bieten.

Lebensdauer von Flugbrandsporen

Bei Zimmertemperatur sinkt die Keimfähigkeit schon nach wenigen Monaten stark ab und erlischt nach einem Jahr. Bei Temperaturen von 0-2°C behalten die Sporen bis zu 9 Monate 50% Keimfähigkeit (2). Während die Brandsporen bei optimaler Lagerung noch 10 Jahre lang eine gute Keimrate aufweisen, ist die Lebensfähigkeit des Mycels im Saatgut zeitlich eng begrenzt. Nach einer Lagerdauer von über 2 Jahren sinkt die Befallsrate der aus dem infizierten Saatgut hervorgehenden Pflanzen (14).

 
Resistenztypen

Bezüglich des Befalls mit Flugbrand sind folgende verschiedene 'Resistenztypen' zu unterscheiden.

  • "Cleistogamic"-Typ: Die scheinbare Resistenz (oder auch  Pseudo-Resistenz (8)) geht mit einem geschlossenen Abblühen (Cleistogamie) einher, wodurch die Sporen nicht an den sich bildenden Samen gelangen können. Bei cleistogamen Varietäten sind die Schwellkörperchen (Lodiculae) ganz häutig und dadurch funktionslos (9). Daneben kann bei feucht-warmer Witterung und trockenem Boden die Blüte bereits in der Blattscheide des Fahnenblattes stattfinden, wodurch die Infektion ebenfalls unterbunden wird. Bei eigenen Untersuchungen in Darzau erwies sich nur die Sorte 'Sigrid' als cleistogam.
  • "Embryo"-Typ: Bei der Embryoresistenz kann der Embryo nicht befallen werden (z.B. Un8-Resistenz). Für die Embryoresistenz wird die Geschwindigkeit der Cuticula-Bildung auf den Integumenten als Ursache diskutiert (4). Nach künstlicher Infektion ist kein Embryobefall festzustellen. 'AC Metcalfe' und 'Freedom' sollen über eine solche Embryoresistenz verfügen.
  • "Hypersense"-Typ: Eine besondere Resistenzform ist die Überempfindlichkeitsreaktion, die sich durch das Absterben embryonalen Gewebes äußert. Bei starker Infektion erscheinen solche Sorten als hochresistent, da die befallenen Körner absterben. Bei schwacher Infektion sind sie allerdings hochanfällig und können auch schon einmal Blätter mit Flugbrandsporenlagern aufweisen. Diese Überempfindlichkeitsreaktion soll bei japanischen Herkünften häufiger sein und bei diesen zum Absterben der Pflanzen im jungen Entwicklungsstadium oder zu Kümmerwuchs führen (11).
  • "Escape"-Typ: Bei der Ausbreitungsresistenz bzw. dem Entwachsen wird zwar der Embryo befallen, der Vegetationspunkt aber nicht erreicht (z.B. Un3/6-Resistenz). Bei Sorten mit Ausbreitungsresistenz wird eine Hemmung der Mycelausbreitung vom Scutellum in den Vegetationspunkt schon während der Keimlingsentwicklung beobachtet. Dieser Resistenztyp kann durch Nachweis des Erregers im Embryogewebe klassifiziert werden. Es handelt sich bei der Ausbreitungsresistenz also um eine Embryoanfälligkeit mit Altersresistenz (12). Diese Resistenz ist vielfach nachgewiesen worden in der Sorte 'Jet' und auch in den Sorten  'Conquest', 'Francette', 'Emir', 'Irania', 'Luna', 'Mirena(aus Emir)', 'Ramona(aus Emir)', 'Tintern(aus Emir)', 'Uta', 'Excelle' wurde diese Resistenzform nachgewiesen (13). Auch die resistenten Sorten 'Steffi', 'Astrid' und 'Carrero' können aufgrund von Analysen mit verschiedenen Flugbrandherkünften und wegen ihrer Abstammungen nur über die Un6-Resistenz verfügen.

 
Sortenversuchsergebnisse zum Flugbrand an Sommergerste

Im Rahmen eines vom BMELV geförderten Forschungsprojektes wurden von 2002 bis 2004 die Sommergersten der Beschreibenden Sortenliste des Bundessortenamtes unter künstlichen und natürlichen Infektionsbedingungen einem Befall ausgesetzt. 

Die nachfolgende Tabelle gibt den mittleren Befall in % unter natürlichen Infektionsbedingungen nach zwei Infektionszyklen mit der Flugbrandherkunft DE-29490 und Prüfung an den beiden Standorten Darzau und Dottenfelderhof wieder.

 
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