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Cultivari Öko-Getreidezüchtung

Braugerste

  • Accordion Sorte:
    • Accorion Titel: Die Entwicklung des Öko-Braugerstenprojekts, Accordion Copy:

      Für Dr. Karl-Josef Müller begann die Beschäftigung mit ökologischer Sommergerstenzüchtung bereits 1986. Zu dieser Zeit gab es aber noch kein Öko-Bier und auch alkoholfreies Bier war noch nicht etabliert. Der Schwerpunkt wurde in der Folge vor allem auf Speisenacktgersten gelegt und mit der Entwicklung erster Kriterien für eine Öko-Züchtung begonnen, denn für Ökobraugerste fanden sich noch keinerlei Interessenten. Sommergerste besitzt ein enormes Potential Beikräuter durch Beschattung an der Entfaltung zu hindern. Um diesbezüglich die besten Gerstentypen erkennen zu können, wurden in den Versuchen keine Maßnahmen zur Beikrautregulierung unternommen. Doch wenn zuviel Wachstumskraft in die Sprossentfaltung fließt, dann fehlt es zuletzt an der Kornbildung. Dies erschwert die Optimierung der Beikrautkonkurrenz, da die Kornertragsbildung nicht zu kurz kommen darf. Im Laufe der 90er Jahre tauchten die Streifenkrankheit, der Hartbrand und der Flugbrand in den Zuchtgartenparzellen der Gerste auf. Es war absehbar, dass eine konsequente ökologische Saatgutvermehrung nur mit entsprechenden Resistenzen gegenüber den saatgutübertragbaren Krankheiten möglich wird. Mit der Jahrtausendwende wurde mit der Übertragung der Eigenschaften aus genetischen Ressourcen mittels klassischer Kreuzung begonnen und auch mit den ersten Versuchen, verschiedene Resistenzen in einer neuen Sorte zu vereinigen. Unter konventionellen Braugerstenzüchtern war noch kein Interesse an der Problematik erkennbar. Daher wurde bei Cultivari die Entwicklung von Resistenzen auf die Sommerspelzgersten ausgeweitet. Auch wurde erstmals das Ziel Brauqualität mit aufgenommen.

      Schritt für Schritt wurde ein komplettes Zuchtprogramm für Ökobraugerste von der Kreuzung bis zur Sortenerhaltung etabliert, in dem es darum ging das Beikrautbeschattungspotential der Gerste mit der Widerstandsfähigkeit gegenüber den saatgutübertragbaren Krankheiten Flugbrand, Hartbrand, Streifenkrankheit und Netzflecken in Sorten auf heutigem Ertragsniveau mit ausgeprägter Brauqualität zu vereinen.

      Als erster Prototyp aus dieser Arbeit wurde die Sorte Odilia zugelassen. Sie wurde von der Praxis aber nicht angenommen, da sie in Sortenversuchen nicht auf den Ertrag der konventionell gezüchteten Sorten kam, im Vollgerstenanteil zu unsicher war und teilweise zu hohe Farbwerte im Extrakt erreichte. Im Dezember 2020 wurde mit Tolstefix  die zweite Braugerstensorte zur Nutzbarkeit gebracht, die gegenüber Odilia schon eine bessere Kornsortierung und Ertragssicherheit aufweist. Eine Annäherung an den modernen Brauqualitätstyp für das 65°C-Maische-Verfahren, wie es mit der Beschreibenden Sortenliste des Bundessortenamtes ab 2020 endgültig eingeführt wurde, war bei diesen beiden Sorten noch nicht gegeben. Als deren Züchtung begann, war es bei den Brauern noch kein Thema. Die dritte Braugerstensorte Celtica befindet sich seit Anbau 2025 in der Öko-Wertprüfung des Bundessortenamtes. Celtica hat die gewünscht niedrigen Extraktviskositäten und verfügt auch über die non-glycosidic-nitrile Eigenschaften, wie sie für die Herstellung von Whisky über Kupferbrennblasen gewünscht wird.

      Inzwischen sind auch Zuchtlinien in der Entwicklung, die über eine verbesserte Embryoflugbrandresistenz in Kombination mit Hartbrandresistenz bei verbesserter Beikrautbedeckung und moderner Braueignung bei sehr niedrigen Viskositäten verfügen. Auf externen Versuchsstandorten wird auf Anfälligkeit gegenüber Netzflecken und Zwergrost geprüft. In der Wintergerstenselektion geht es derzeit noch um die Kombination von Resistenzen gegenüber Verzwergungsviren, Flug- und Hartbrand. Einen konstruktiven partnerschaftlichen Austausch gibt es seit über einem Jahrzehnt allem voran mit der LfL-Freising-Weihenstephan und der Versuchs- und Lehranstalt für Brauwesen in Berlin (VLB).

      Ermöglicht wurden die Arbeiten an der Gerste nun schon über viele Jahre von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft, der SoftwareAG-Stiftung, der Mahle-Stiftung, je nach Thema mal von Bund oder Land und nicht zuletzt von Neumarkter Lammsbräu und Riedeburger, dem Erzeugerzusammenschluss für ökologische Braurohstoffe, der Bauck GmbH und ErdmannHauser. Letztere mit einem Schwerpunkt auf Speisegerstenqualität.

      Allen bisherigen Förderern gilt ein ganz besonderer Dank, dass es über viele Jahre hinweg möglich war, Stück für Stück voranzukommen und echte Pionierarbeit in der Ökologischen Gerstenzüchtung zu machen.

      Das Team der Cultivari Getreidezüchtungsforschung würde sich freuen, wenn der Kreis der Unterstützer erweitert werden kann, damit das Spektrum der Eigenschaften von Gersten nachhaltig mit neuen Qualitätsansätzen nicht zuletzt auch für alkoholfreie Gerstengetränke und für Nahrungsmittel aus Gerste konsequent ökologisch und klimaangepasst erweitert werden kann. Selektion unter Trockenstress ist hier schon seit 30 Jahren Standard und wir wissen, was das bedeutet. Alle vermeintlich schnellen Lösungen, die durch die Literatur gejagt wurden, haben bisher enttäuscht. Es braucht einfach Zeit und Beharrlichkeit für die züchterische Komplexität zum Erreichen einer ausgeprägten Trockenheitsverträglichkeit. Wir sind mittendrin. Helfen Sie mit! Wenn Sie Brauer sind, dann fragen Sie Ihre Lieferanten nach Gerste und Malz aus Cultivari-Sorten. Aber auch direkte Spenden mit Stichwort "Gerste" sind willkommen.

    • Accorion Titel: Beschreibung der Tätigkeiten, Accordion Copy:

      Bei der Auswahl der Kreuzungseltern stellt sich die Frage, ob das Zuchtziel aus den Eigenschaften von zwei dementsprechend verschiedenen Eltern bereits erreicht werden könnte oder ob es mehrerer Kreuzungen nebeneinander bedarf, so dass Eltern entstehen können, mit deren Kreuzung dann erst das Ziel erreichbar erscheint. Als hilfreich haben sich auch Doppelkreuzungen erwiesen, bei denen die unmittelbaren Nachkommen aus zwei verschiedenen Kreuzungen sogleich ihrerseits miteinander gekreuzt werden, wodurch sich wesentlich mehr Variationsbreite für die anschließende Selektion bietet.

      csm parzellensaemaschine 685131b811Spezial-Sämaschine für den Anbau in ParzellenEs müssen neben den Zuchtstämmen also auch potentiell in Frage kommende Eltern angebaut werden. Der Anbau bedeutet Saatgutaufbereitung, Saatmengenbestimmung, Abwaage bzw. Magazinierung. Die Saat erfolgt mit einer speziellen Parzellensämaschine, so dass vermischungsfreie Aussaat von Parzelle zu Parzelle und eine hinter der anderen direkt gesät werden kann. Dazu wurde das Feld vom kooperierenden Landwirt zum Saatbett vorbereitet. Es braucht eine möglichst uniforme und ebene Fläche und eine zur Kultur passende Vorfrucht. Meist sind das für die Sommergerste Kartoffeln, denn Getreidevorfrüchte bergen immer das Risiko zwischen und in den Parzellen den Aufwuchs aus Ausfallgetreide aus den Vorfrüchten als Fremdgetreide zu finden.

      Nach der Saat wird das biologisch-dynamische Hornmistpräparat (auf Kuhfladenbasis) ausgebracht und wenn die Saat das 2. bis 3. Blatt bildet wird das biologisch-dynamische Hornkieselpräparat (auf Quarzmehlbasis) gespritzt. Sofern es ausgeprägte Spätfröste gibt, muss bald auf Unterschiede zwischen den Sorten geprüft (bonitiert) werden. In den dünn gesäten Zuchtgartenparzellen wird maschinell zur Beikrautregulierung gehackt, denn dort gibt es meist noch zu viel Platz zwischen den Pflanzen. In Ertragsprüfungen wird absichtlich nicht gehackt und auch nicht gestriegelt, denn hier muss sich die Gerste selbst gegenüber den Ackerwildkräutern behaupten. Zu dieser Zeit wird die Jugendentwicklungsdifferenzierung erfasst. Je nach Notwendigkeit als Boniturnote, als Bestandeshöhe oder Bodendeckungsgrad. Kümmerlinge und Braunfleckige werden dabei gleich mit erfasst und scheiden aus.

      hartbrand gersteHartbrandanfällige ÄhrenDas Datum des Ährenschiebens muss erfasst werden, um andere Ergebnisse reifebezogen interpretieren zu können. Extrem früh schiebende Sorten können zwar meist mit extremer Trockenheit besser zurecht kommen, unter normalen Umständen haben sie aber zu wenig Zeit um Kornertrag auszubilden. Extrem spät Schiebende bedecken auch nicht schnell genug und lassen den Beikräutern zu lange zu viel Licht oder es bilden sich, wenn es ein eher trockenes Jahr wird, nur Schmachtkörner aus. Zum Ährenschieben kann meist auch schon der Befall mit Mehltau differenziert werden. Danach folgen gegebenenfalls Blattflecken oder Netzflecken und auch die Streifenkrankheit ist dann am deutlichsten ausgebildet. Mit dem Erscheinen der Ähren sind auch die Flugbrandanfälligen zu erkennen - sofern Befall und Ausbreitung im Vorjahr stattgefunden haben - und zu dieser Zeit muss dann auch mit Flugbrandsporen künstlich inokuliert werden, um die Resistenten von den geschlossen Blühenden unterscheiden zu können. Letzteres ist nämlich besonders umweltabhängig und unzuverlässig. Der Hartbrand erscheint erst zum Ende des Ährenschiebens, sofern er sich überhaupt zeigt, denn die hartbrandkranken Ähren bleiben oft in der Blattscheide stecken und breiten sich erst mit dem Drusch auf die gesunden Körner aus. Mit dem Übergang zur Reife kann dann noch der Zwergrost zur Unterscheidung beitragen. Es sind also eine ganze Reihe von Durchgängen erforderlich, um alle Krankheiten zu erfassen und für einige Krankheiten braucht es besondere Standortbedingungen an anderen Orten.

      Mit der Füllung der Ähren können erste Unterschiede in der Standfestigkeit erkennbar werden. Die Lagerneigung nimmt erst wieder mit der Abreife ab. Dann jedoch beginnen sich Unterschiede im Halmknicken und Ährenabknicken zu zeigen, die umso deutlicher werden, je länger die Gerste auf dem Feld stehen bleiben muss, weil eine feuchte Witterung die Ernte hinauszögert. Mit der Füllung der Ähren ist die Gerste ausgewachsen und es kann die Pflanzenlänge gemessen werden. Zu diesem Zeitpunkt kann auch die Länge der Fahnenblätter einen Anhaltspunkt für die Beikrautkonkurrenz der Sorte in den späten Entwicklungsabschnitten geben.

      Im Zuchtgarten müssen nachkommenschaftsweise Einzelährenbündel geerntet werden, um die Ähren dann auch einzeln zu dreschen, damit auf diese Weise ein Stammbaum aufgebaut werden kann, in dem die Verwandtschaftsverhältnisse nachvollziehbar bleiben. Vom Umfang her sind das jedes Jahr um die 20.000 Ähren allein in der Sommergerste. Erst danach können die Zuchtgartenparzellen zusätzlich mit einem Parzellenmähdrescher getrennt geerntet werden. Das sind um die 700 Säckchen, die in Kisten gelagert direkt anschließend mit einem Gebläse getrocknet werden. Hinzu kommen noch die Säcke aus den Ertragsprüfungsparzellen (ca. 400 bei Braugerste allein direkt vor Ort).

      braugersten ertragspruefungErtragsprüfung der BraugersteBei den Ertragsprüfungen müssen die Einzelgewichte erfasst werden. Die Auswertung erfolgt mit Hilfe geostatistischer Nächstnachbarverfahren, die sich für Ökoflächen besonders bewährt haben. Dann werden die Ernten zur Wiederaussaat und für Analysen aufbereitet (mit Wind, Sieben und Trieur). An diesem Gut wird das Tausendkorngewicht bestimmt und es werden stichprobenartige Keimproben angesetzt. Will man mehr wissen, dann kann mittels Nahinfrarotmessung der Rohproteingehalt geschätzt werden oder mit einem enzymatischen Aufschlussverfahren der ß-Glucangehalt photometrisch bestimmt werden. Für Brauqualitätsuntersuchungen sind dann je nach Testumfang 0,2 bis 2kg Erntegut an ein entsprechendes Labor zu übermitteln.

      Parallel werden die verfolgenswerten Einzelähren nach dem Einzelährendrusch (von bis zu ca. 10.000 Stück pro Saison) zur Aussaat wieder magaziniert. Das sollte der Züchter selbst machen, damit er die Körner auch noch einmal zu Gesicht bekommen hat. Diese Arbeit zieht sich allein über ca. 6 Wochen hin und passt gut in die Winterzeit. Dann geht es mit neuen Aussaatplänen und Feldbüchern in den nächsten Zyklus, denn bis zum 1. März sollte bereits wieder alles fertig zur Aussaat bereit stehen.

    • Accorion Titel: Beschreibung des Züchtungsablaufs, Accordion Copy:

      Parzellen kleinJeder nachfolgend beschriebene Entwicklungsschritt bildet einen Meilenstein auf dem Weg zu einer neuen Sorte. Jedoch bleibt nicht jede Zuchtlinie, die in der 5. Filialgeneration (F5) gesund ist, auch dauerhaft gesund, denn es kann in jedem Merkmal noch eine Aufspaltung geben – wenn auch immer seltener – und auch die Krankheiten können sich immer einmal wieder verändern. Die als Jahre dargestellten Schritte finden im laufenden Zuchtprogramm alle nebeneinander statt, denn aufgrund der Geschichte des Projektes gibt es heute Kreuzungsnachkommen in allen Filialgenerationen von der Kreuzung bis zum zulassungsreifen Zuchtstamm, da mit zunehmend erweiterten Zielen jedes Jahr neue Kreuzungen mit anderen Eltern angelegt werden.

      1. Jahr (Kreuzung und F1): Anbau von Elternlinien auf Microplots (Kleinparzellen mit sechs Drillreihen von je 1m Länge) mit Bonituren, Durchführung von Kreuzungen, Kreuzungsährenernte und Aufbereitung von Hand. Danach möglichst ein Zwischenanbau der F1 über Winter auf einem Ökobetrieb in wärmeren Gefilden (früher Neuseeland, heute Sardinien).

      2. Jahr (F2 und F3): Aufbereitung der F1 Ernte (Ährenbündeldrusch), Aussaat als F2 auf je 4 Microplots pro Kreuzung, Ernte von je 200 Einzelkorn pro Kreuzungsnachkommenschaft zum Zwischenanbau der F3 in wärmeren Gefilden.

      3. Jahr (F4): Drusch der Einzelähren aus dem Zwischenanbau der F3, Saat von F4-Einzelähren-Nachkommenschaften, Anbau unter Befall mit Streifenkrankheit, Hart- und Flugbrand (erste Selektion gegen Hartbrand, Eliminierung von Extremformen), Handernte, Einzelährendrusch.

      4. Jahr (F5): Anbau von bis zu 500 Microplots zu je 6 Einzelährennachkommenschaften, die ihrerseits auf eine Einzelährennachkommenschaft aus dem Vorjahr zurückgeführt werden können (Pedigree-Methode) mit sieben Selektionsdurchgängen (Jugendentwicklungstyp, Mehltau, Streifenkrankheit, Flugbrand, Hartbrand, Pflanzenlänge, Standfestigkeit), Ausscheiden von Kümmerlingen, Spätentwicklern und allzu langwüchsigen Typen, Flugbrandinokulationen an je zwei Ähren flugbrandfreier Nachkommenschaften, Erfassung des Ährenschiebens, Handernte von je 15 Eliteähren aus ca. 300 Einzelährennachkommenschaften, Einzelährenhandernte, Einzelährendrusch.

      5. Jahr (F6): Anbau von ca. 300 Micro-doppel-parzellen und Tätigkeiten wie bei F5, jedoch sind aus 240 Einzelährennachkommenschaften je 15 Ähren zu ernten und aufzubereiten. Zusätzlich Parzellendrusch für Ertragsprüfungen, Trocknung und Aufbereitung der Druschernte, TKG- und ß-Glucan-Bestimmung.

      Paralleler Testanbau auf Netzflecken (evt. Ramularia) in Bayern und auf Zwergrost bei Kassel unter Einbeziehung von Nachprüfungen von F7, F8 und dem Test neuer potentieller Eltern.

      6. Jahr (F7): Anbau von 400 Vierer-micro-parzellen für Erhaltungsaufbau und 100 Stämme x 2 Wdh. = 200 Ertragsprüfungsparzellen (EP), Tätigkeiten wie F6, plus Bedeckungsschätzung, Pflanzenlänge und Streifenkrankheitszählung, statistische Auswertung, Beginn der Brauqualitätsuntersuchungen.

      7. Jahr (F8): Anbau von 200 Vierer-micro-plots zum Erhaltungsaufbau und 50 Stämme+Vergleichssorten als EP. Zusätzliche Teststandorte soweit finanzierbar beispielsweise in Bayern (Süd-Ost) und Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern (Nord-Ost) oder auch Baden-Württemberg (Süd-West), Tätigkeiten wie F7.

      8. Jahr (F9): Vermehrungszwischenanbau von potentiellen Sortenkandidaten zur Anmeldung beim Bundessortenamt. Weitere Mitprüfung im System wie F8.

      9. Jahr (F10): Anmeldung zur Sortenzulassung nach Öko-Wertprüfung, sofern alle Kriterien erreicht sind. Sonst wie F9. Oder nur noch zur Verwendung als Elter für neue Kreuzungen.

    • Accorion Titel: Kritische Aspekte konventioneller Züchtung, Accordion Copy:

      Die konventionelle Pflanzenzüchtung findet unter Anwendung von leichtlöslichen Mineraldüngern statt. Es gibt also nur relativ wenig bodenstoffwechselbedingt natürliche Nährstoffdynamik im Hinblick auf Anpassungsvorgänge in der Weiterentwicklung der Kulturpflanze. Auch Pestizide werden mehr oder weniger angewandt. Sei es, um Unkräuter zu dezimieren oder Zwischenwege mit Totalherbiziden frei von Bewuchs zu halten. Gegen saatgutübertragbare Krankheiten wird das Saatgut mit chemisch-synthetischen Beizmitteln behandelt, die zum Teil auch systemisch in den Stoffwechel der keimenden Pflanze eindringen. Von Vorteil für die Umwelt ist diese Praxis natürlich nicht.

      Nahezu flächendeckend verbreitet ist die Herstellung von Doppelhaploiden über Gewebekulturtechniken aus Pollenmutterzellen der F1, bei denen mit Phytohormonen das Wachstum in den ersten Entwicklungsstadien des Kallus in Richtung Blattbildung bzw. Wurzelbildung gelenkt werden muss. Diese Praxis ist nicht konform mit der EU-BIO-VO. Teilweise wird die Verdoppelung des Chromosomensatzes der sich aus Pollenmutterzellen entwickelnden Gewebe und haploiden Pflanzen durch Anwendung synthetischen Colchizins (das Gift der Herbstzeitlosen) eingeleitet, sofern es nicht spontan geschieht.

      Werden genetische Marker verwendet, deren Entwicklung oder auch Anwendung ohne Eingriff auf oder unterhalb der Zellebene möglich ist, dann führt dies zu einer Reduktion der genetischen Veranlagung zur Lösung eines Problems. Es wird beispielsweise nur noch eine Resistenz gegenüber Mehltau oder Nematoden oder Viren usw. verfolgt und eben nicht die Eigenschaft der Widerstandsfähigkeit als solcher und unabhängig vom genetischen Hintergrund. Es führt zwangsläufig auf längere Sicht zu einer Verarmung der insgesamt in allen Sorten vererbten Biodiversität. Es trägt aber auch dazu bei, mit zunehmender Anzahl züchterisch verfolgter Marker für verschiedenste Eigenschaften wie eine Art Gerüst über das Genom zu legen und zu fixieren. Damit wird auch die Rekombination und Neuschaffung von Problemlösungen nicht mehr erkennbar, denn nicht das Merkmal (z.B. die Widerstandsfähigkeit), sondern der Genomabschnitt steht an erster Stelle der Selektion bevor die Überprüfung im Feld überhaupt erst stattfindet. Wenn die Pflanze also wie eine Maschine gedacht wird, muss man sich nicht wundern, wenn sie immer mehr zu einem maschinenartigen Wesen wird. Die Ausweitung genomischer Selektion macht den Menschen im Grunde für die stetige Entwicklung der Kulturpflanze unverträglich. Wenn dann die Kulturpflanze für den Menschen unverträglich wird, darf man sich eigentlich nicht wundern.

      Auch die Anwendung von Giften also Pestiziden, um die Pflanze für Krankheiten und Schädlinge giftig zu machen, ist dem Bilde nach eine Umerziehung zur Giftpflanze. Selbst ein Übermaß an Stickstoffdüngung wirkt auf die Pflanze wie eine Vergiftung, der sie sich durch Vakuolen- und Zellvergrößerung zu entziehen versucht. Die Mineraldüngung belebt in sehr einseitiger Weise die Wässrigkeit, so dass züchterisch durch eine Selektion auf ein Verfestigen der Pflanzenstruktur dem entgegen gewirkt werden muss, um hohe Stickstoffgaben überhaupt erst verträglich zu machen, ohne dass die Gerstenpflanezn umkippen oder krank werden. Was dabei auf der Strecke bleibt, ist die Anregung des Lebendigen selbst über die Belebung des Irdischen in Boden und Pflanze, sowie die Durchdringung mit Wärme- und Lichtqualitäten. Die Pflanzen werden äusserlich immer dunkler im Grün.

      Was es eigentlich bräuchte, wären unterschiedliche Lösungswege für Probleme in verschiedenen Sorten, die vom Züchter begleitete Differenzierung von Zuchtstämmen unter verschiedenen ökologischen Umwelten, die sukzessive züchterische Bearbeitung (Variation und Selektion) unter konkreten ökologisch zertifizierten Standortbedingungen, die Wahrnehmung der Kulturpflanze als den Menschen in seiner Entwicklung begleitendes Wesen und die Berücksichtigung von mehr Wärme- und Lichtqualitäten im Unterschied zur Massebildung, was auch auf eine andere Pflanzenfarbe hinausläuft. Es muss aber auch getan werden. Es nur zu denken genügt nicht.

    • Accorion Titel: Historische Sorten in heutiger Zeit, Accordion Copy:

      Golden Promise, Aura oder Chevallier sind bedeutungsvolle Bezeichnungen alter Sorten. Unter ökologischen Anbaubedingungen sind heute alle diese alten Sorten mehr oder weniger stark von Mehltau befallen, so dass die Blätter schon bald nach ihrer Entfaltung wieder verzehrt sind, denn auch der Mehltau hat sich im Laufe der Zeiten weiterentwickelt, die alten Sorten jedoch sind in der Entwicklung stehengeblieben. Der Befall beeinträchtigt die Ertragsbildung bereits dementsprechend früh in der Sproßentwicklung.

      Bilder in guter Qualität fehlen

      Je älter desto länger im Wuchs sind die Sorten noch dazu, was prinzipiell zu einer sorteneigenen Beikrautunterdrückung beitragen könnte. Wenn aber die Blätter schon früh verwelkt sind, dann kommt dennoch mehr Licht in die Bestände nach unten an die Ackerwildkräuter, die sich dann übermäßig stark entwickeln können. Der längere Wuchs geht auch mit einer höheren Neigung zum Lagern der Pflanzen im Feld einher, was ab der Kornfüllungsphase in Verbindung mit kräftigen Niederschlägen und stärkeren Windböen einhergeht. Auch im Ökologischen Landbau wird der Boden heute tiefer bearbeitet als vor hundert Jahren und erreicht höhere Nährstoffdynamiken. Für den ökologischen Anbau wären die in der Jugend wüchsigeren Typen für einen Anbau ohne Herbizide, ja selbst ohne Striegeln natürlich von Vorteil, wenn die Blätter länger gesund blieben und die Standfestigkeit besser ausgebildet wäre. Dazu bedarf es der Züchtung.

      Alte Sorten können aber noch mehr Eigenschaften aufweisen, die bei modernen Sorten derzeit nicht zu finden sind. Die vor über hundert Jahren in Böhmen/Mähren verbreiteten Sorten für Pilsener, wie die Sorte Hana, von denen die Braugerstenzüchtung ihren Anfang nahm, haben eine hervorragende Widerstandsfähigkeit gegenüber der saatgutübertragbaren Streifenkrankheit, die sich dort bereits früh etabliert hat. Das gilt es zu erneuern.

      Hinsichtlich der Brauqualität weisen die alten Sorten aber auch deutlich höhere Gehalte an viskositätserhöhenden löslichen Ballaststoffen auf, die in diesen Sorten von deren gersteneigenen Enzymen auch nicht so schnell abgebaut werden. Eine längere Vermälzung ist also unumgänglich, wenn die Viskosität verringert werden soll. Der niedrigere Ertrag führt zwangsläufig auch zu höheren Eiweißgehalten, da pro Korn mehr Bodenstickstoff zur Verfügung steht als bei ertragreichen Sorten. Mit zunehmendem Eiweißgehalt wiederum sinkt auch die Extraktausbeute!

      Aus ökologisch praktischer landwirtschaftlicher Sicht, sind die historischen Sorten leider ein Rückschritt, den sich ein Landwirt mit Preisaufschlägen von ca. 50% bis 100% gegenüber dem Anbau aktueller Sorten bezahlen lassen muss, um die entsprechenden Erfahrungen damit nicht nur einmal zu machen.

      Für die Entwicklung konsequent ökologischer Sorten sind jedoch die Historischen Sorten für Cultivari seit Jahren eine wichtige Fundgrube, um an den wertvollen Eigenschaften wie sorteneigenes Beikrautregulierungsvermögen oder Saatgutgesundheit anknüpfen zu können. Standfestigkeit, Blattgesundheit und Extraktausbeute müssen dann züchterisch dazu kommen. Manch andere Eigenschaft, wie beispielsweise die ausgeprägten Flugbrandresistenzen haben ihren Weg oft schon vor langer Zeit in Äthiopien oder im Himalaya angetreten und sind über viele Zwischenschritte beispielsweise wie die Un8-Embryoresistenz über Europa nach Kanada und wieder zurück gewandert, um heute wieder für ökologische Sorten Verwendung zu finden.

    • Accorion Titel: Braugersten-Prototypen für den Öko-Anbau in Niedersachsen, Accordion Copy:

      Im Sommerspelzgerstenanbau dominiert die Verwendung konventionell gezüchteter Sorten, die lediglich im letzten Vermehrungsschritt unter Öko-Bedingungen zu Z-Saatgut vermehrt werden. Eine konsequent ökologische Saatguterzeugung erfordert flugbrandresistente Sorten, an denen bei Cultivari unter Verwendung genetischer Ressourcen schon seit 2001 gearbeitet wird. Die Qualitätsanforderungen an eine Öko-Braugerste für die industrielle Bierherstellung sind so hoch wie bei konventionell erzeugten Braugersten, aber an Ernteproben aus Öko-Landessortenversuchen wird normalerweise keine Prüfung auf Brauqualitäten vorgenommen. Um diesbezüglich einen Schritt weiterzukommen, wurden Sorten und Zuchtstämme der Ernte 2021 und 2022 aus dem Öko-Anbau vom Standort Köhlingen bei 21371 Tosterglope in Nordostniedersachsen von der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin auf die Brauqualitätsparameter Eiweißgehalt, Extraktausbeute, Friabilimeterwert, Viskosität, sowie an einer Auswahl zusätzlich auf ß-Glucangehalt, freie Aminosäuren, alpha- und beta-Amylase-Aktivität untersucht und den Daten aus dem Feldversuch (Jugendentwicklung, Mehltau, Flugbrand, Ährenschieben, Ertrag, Vollgerstenausbeute und TKG zur Seite gestellt. Die Untersuchungen auf Brauqualitätsparameter wurden nach dem Verfahren der Maischung nach Isotherme 65°C, wie es inzwischen auch der Beschreibenden Sortenliste des Bundessortenamtes zu Grunde liegt, vorgenommen.

      Hier können die Berichte zu den Brauqualitätsergebnissen mit Grafiken und Übersichtstabelle der Ernte 2021 und der Ernte 2022 eingesehen werden.

      Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die mitgeprüften historischen Sorten den heutigen Qualitätsanforderungen nicht gerecht werden können, sowie in der Mehltauanfälligkeit und Ertragsfähigkeit zurückblieben. Konventionell gezüchtete Sorten, die im konventionellen Anbau mit den höchsten Brauqualitätsparametern ausgezeichnet sind, erreichten diese in vergleichbarer Weise auch unter den geprüften Ökoanbaubedingungen. Die Anforderungen an sehr niedrige ß-Glucangehalte, wie sie beispielsweise von Lexy, Schiwago, Avus und Avalon erreicht werden, konnten im Versuchsjahr 2021 in Verbindung mit Flugbrand-Ausbreitungsresistenz und wüchsigerer Jugendentwicklung nur mit den beiden Ökozuchtstämmen DZB1656h und DZB1658i erreicht werden. Das schon etwas geringere Niveau der Destillationsgerste Firefox konnte der Öko-Zuchtstamm DZB1661c mit Embryo-Flugbrandresistenz annähernd erreichen, wobei mit diesem Zuchtstamm noch keine zufriedenstellende Jugendentwicklung vorlag. Im Versuchsjahr 2022 konnten 42 jüngere Zuchtstämme erstmals neben den Vergleichssorten und den besten aus 2021 untersucht werden, unter denen sich nun auch mit DZB1788d, DZB1788we und DZB1794r drei Linien mit sehr niedrigen ß-Glucangehalten bei hoher Extraktausbeute und Mürbigkeit, sowie zugleich vorhandener Un8-Embryoflugbrandresistenz auf dem Ertragsniveau der konventionellen Braugerstensorten befanden. Über die Hälfte der jungen Zuchtstämme erreichten die heutzutage geforderten Brauqualitätsparameter. Damit steigen die Aussichten, in der Öko-Braugersten-Saatguterzeugung in Niedersachsen auf eine konventionelle Vorvermehrung vollständig verzichten zu können, sofern die Zuchtlinien auch in weiteren Ertragsprüfungen halten, was sie versprechen.

      Teilprojekt Graupeneignung von Öko-Sommerbraugersten

      An Untersuchungen über die Eignung von Sommergersten für die Graupenherstellung, insbesondere auch aus ökologischer Erzeugung, mangelt es sehr. Gerade beim Öko-Anbau von Sommergersten für Brauzwecke in Niedersachsen stellte sich die Frage, wie es um eine alternative Verwendung zu Speisezwecken aussieht, wenn die geforderten Brauqualitätsparameter nicht erreicht werden oder auch die als Öko-Saatgut vorhandenen Sorten zum Anbau für die Graupenherstellung verwendet werden sollen. Auch im Hinblick auf die regionale Erzeugung für niedersächsische Verarbeiter ist diese Frage von Interesse. Zunächst waren dafür die Methoden und ein Testprotokoll aufzustellen, um überhaupt zu einer systematischen Differenzierung kommen zu können, die erste Anhaltspunkten für Sortenempfehlungen zur Graupenherstellung geben kann. Da bereits ein größeres Probensortiment vorlag und auf Brauqualitätsparameter getestet werden konnte, war es möglich, mit den sich anschließenden Graupenuntersuchungen am gleichen Sortiment Synergien zu nutzen. Da der Naturkostmarkt wird von Rollgraupen dominiert wird, wurden diese in den Mittelpunkt gestellt.

      Der Bericht mit Darstellung der Untersuchungsmethoden inkl. Parameterdifferenzierung, Grafiken und Tabellen zu den Öko-Graupenuntersuchungen kann hier eingesehen werden.

      Da auch einige Proben von anderen Standorten, sowie von Wintergersten und Nacktgersten mit hinzugezogen werden konnten, erwiesen sich die Proben vom Standort Köhlingen schlussendlich als aus eher benachteiligten Bedingungen stammend, denn sie hatten schon mit stärker ausgebildeter Kornfleckigkeit, nicht zuletzt aufgrund eines belegten Befalls mit Basaler Spelzenfäule, zu tun. Dieser Umstand machte die Bedeutung des Qualitätskriteriums der auch unter den Spelzen fleckenfreien Körner umso offenkundiger, um eine homogene helle, gelbliche Graupenfarbe erreichen zu können. Zudem war die Kornhärte am Standort leicht unterdurchschnittlich ausgeprägt und auch die Graupenausbeute. Das breit angelegte Prüfgliedspektrum konnte deutlich machen, wie ungünstig die Graupenausbeute letztendlich ausfallen kann. Nur wenige Handelssorten, von denen Firefoxx am besten abschnitt, erreichten hier über 65% Graupenausbeute in Relation zum Rohertrag. Einige Proben, die aus Öko-Landessortenversuchen in Norddeutschland mitberücksichtigt werden konnten, ließen zwar sortenspezifisch positive Tendenzen wie bei der Sorte Lexy erkennen, allerdings auch Schwankungsbreiten, die für ein sortenspezifisches Ranking besser bestückte, orthogonale Probensätze erfordern würden. Zu Vergleichszwecken ergänzend mituntersuchte Proben einiger Winter- und Nacktgersten ließen vermuten, dass sich unter den Wintergersten potenziell mehr Sorten finden könnten, die Graupenausbeuten von über 75% erreichen können. Ganz besonders hinzuweisen war auf das Potential der Nacktgersten, von denen mit der Winternacktgerste Katemina sogar 90% Graupenausbeute bei sehr schönem Korn erzielt werden konnte, wobei für Nacktgersten vorausgesetzt werden muss, dass die Kornfleckigkeit bei einer Sorte oder dem Muster nahezu nicht vorhanden ist.

      Von den erprobten Parametern erwiesen sich die Rollgraupenausbeute nach Abzug von Bruchkorn, der Particle Size Index (PSI) zur Beurteilung der Kornhärte, wobei auch andere Methoden dafür denkbar wären, die Beurteilung der Kornfarbe und ihrer Homogenität und die Kochfestigkeit als die zur Sortendifferenzierung interessantesten Parameter. Sorten mit grau-grünlicher Färbung unter den Spelzen könnten von vornherein ausgeschlossen werden. Da Perlgraupen im Naturkosthandel eine untergeordnete Bedeutung haben, könnte auf deren Herstellung für Sortenvergleiche gegebenenfalls verzichtet werden und auch die Grießausbeute erschien wenig Zusatzinformation zu bieten, wenn der PSI sowieso erfasst wird. Die genannten Parameter an den wenigen Proben aus Öko-Landessortenversuchen, die nach Ausschluss von Mustern mit weniger als 90% Vollgerstenanteil, ausgeprägter Fleckigkeit oder grauer Kornfarbe übrigbleiben, gelegentlich zu prüfen, könnte den Speisegerstenverarbeitern eine wertvolle Hilfe beim Auffinden geeigneter Erntepartien sein.

      Mit Unterstützung des Landes Niedersachsen gefördert über das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wurden die Anbauversuche in den Jahren 2021 und 2022 auf ökozertifizierten Versuchsflächen um den Ortsteil Köhlingen bei 21371 Tosterglope durchgeführt. Da von der LWK als abrechnender Behörde die Person, welche das Vorhaben bearbeitet hat, nicht anerkannt hat, weil es jemand anderes war als noch bei Antragstellung vorgesehen, wurde der größte Teil der Personalmittel zurückgefordert. Aufgrund dieses Geschäftsgebahrens kann von Vorhaben gemeinnütziger Institutionen, die zu einer Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer Niedersachsen genötigt sind, in den nächsten Jahren nur abgeraten werden. Letztendlich mussten die Kosten aus allgemeinen Zuwendungen beglichen werden. Die Berichte mit den Ergebnissen stehen über die Verrknüpfungen oben im Text dennoch zum Download zur Verfügung.

      wappen niedersachsen

       

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Warum es für Öko-Bier auch Öko-Sorten braucht

Ökologisches Bier erfordert nach EU-Bio-Verordnung zertifiziert ökologisch angebaute Gerste. Zur Erzeugung von ökologischer Braugerste wird nahezu nur noch Z-Saatgut verwendet, das nur eine Generation ökologisch vermehrt wurde. Als Sorten kommen zu fast 100% unter den Bedingungen des konventionellen Landbaus mit leichtlöslichen Mineraldüngern und chemisch-synthetischen Pestiziden gezüchtete Sorten zum Einsatz, die eben genau diese eine Generation vor dem Konsumanbau das erste Mal ökologisch vermehrt wurden. Der Ökobraugerstenmarkt ist also nahezu vollständig abhängig von der konventionellen Landwirtschaft. Und das nicht ohne Grund.

Herausforderungen für konsequent ökologisches Saatgut

Gerstenkeime MalzGerstenkörner in der MalzherstellungDenn eine dauerhafte, konsequent ökologische Saatgutvermehrung sieht sich in Mitteleuropa mit gleich vier saatgutübertragbaren Krankheiten konfrontiert, auf die züchterisch kein Wert mehr gelegt wurde, weil das Saatgut nahezu grundsätzlich mit chemisch-synthetischen Saatgutbeizmitteln behandelt wird. Ökologische Alternativen stehen nur eingeschränkt zur Verfügung, denn beispielsweise die Streifen- und die Netzfleckenkrankheit ließen sich zwar schon mit Alkohol reduzieren, doch ist Alkohol als Saatgutbehandlungsmittel im Ökologischen Landbau auch nicht zugelassen – und im unvergällten Zustand auch sehr teuer; vergällt ist er schädlich. Den Hartbrand kann man mit Senfmehlpräparaten sehr stark, aber auch nicht 100%-ig einschränken. Gegen Flugbrand hilft bislang kein ökologisches Präparat und auch eine Heißwasserbehandlung ist in der Regel nicht ausreichend oder nur sehr umständlich anzuwenden.
OdiliaErste überhaupt ökowertgeprüfte Braugerste Odilia

Es bedarf also einer Züchtung auf Resistenz gegenüber diesen Krankheiten, wie sie vereinzelt isoliert mal in dieser, mal in jener meist schon älteren Sorte oder genetischen Ressource aus einer Saatgutbank vorkommen. Diese Resistenzen in einer ökologischen Sorte zu vereinen, ist erklärtes Ziel der forscherischen und züchterischen Bemühungen in der Cultivari Getreidezüchtungsforschung Darzau. Die Arbeiten sind schon recht weit gediehen und mit der Sorte Odilia konnte der erste Prototyp für den Markt verfügbar gemacht werden, dem es aber noch an dem Einen oder Anderen mangelte. Mit der zweiten Sorte TOLSTEFIX konnten schon bessere Erträge und eine ausgeglichenere Kornsortierung erreicht werden, wobei der Braugerstentyp dem Niveau von beispielsweise der Sorte Marthe entspricht. Gewünscht ist von den Brauern aber eine Brauqualität auf dem aktuellen Niveau der Brautechnologien mit sehr niedrigen Viskositäten und natürliche eine sorteneigene Beikrautregulierung durch bessere, das bedeutet im Vegetationsverlauf schon früh erreichte Bodenbedeckung. Damit lässt sich dann auf wiederholten Einsatz des Striegelns verzichten, bei dem auch die Nester von Bodenbrütern (Feldlerche, Wachtel, etc.) beschädigt werden können.

Entwicklung von Resistenzen

GS flugbrand2007Gerstenflugbrand

Die bisherigen Forschungen haben gezeigt, dass die gegenüber Flugbrand am einfachsten züchterisch zu etablierende Auswuchsresistenz (der Embryo im Saatkorn wird befallen, aber der Vegetationspunkt nicht erreicht) leider nicht ausreichend wirksam genug ist, denn es gibt immer noch ein paar Pflanzen im Feld, die Flugbrand aufweisen. Für die Saatguterzeugung dürfen maximal 3 flugbrandkranke Pflanzen auf 150m²-Vermehrungsfläche zu finden sein, unabhängig davon, ob der Befall im nächsten Jahr überhaupt zunehmen könnte oder nicht. Diesbezüglich wird nun an der Erweiterung dieser Resistenz um weitere Widerstandseigenschaften gearbeitet. Bei einer anderen, nämlich einer Embryoresistenz (schon der Embryo im Korn kann nicht vom Pilz befallen werden) hat sich die Kombination mit der Hartbrandresistenz als nahezu unüberwindbar herausgestellt. Also sind bei dieser Resistenz die vermeintlich Flugbrandresistenten die Hartbrandanfälligen. Es handelt sich aber offensichtlich nicht um einen epistatischen Effekt, sondern um eine enge genetische Kopplung, so dass sich also dennoch Nachkommen finden lassen müssten, die gegenüber beiden Krankheiten widerstandsfähig sind. Auch dies wird von Cultivari weiterverfolgt.

Öko-Züchtung als Schlüssel zur Öko-Braugerste

Das auch eine ökologisch gezüchtete Sorte ertraglich gegenüber einer konventionellen Sorte, die aus ökologisch erzeugtem Saatgut erwachsen ist, mithalten muss, bleibt unwidersprochen. Aber eingespartes Striegeln und reduzierter Pestizideinsatz im Vermehrungsprozess sollten in der Gegenüberstellung monetär nicht unberücksichtigt bleiben. Bei Cultivari geht es darum, die verbesserten Resistenzen auf das von den Brauern verlangte Brauqualitätsniveau für Pilsener Malz in einen neuen Prototyp einer Öko-Sommergerste zu bringen. In den Jahren 2021 und 2022 konnten neue junge Zuchtstämme mit Unterstützung des Landes Niedersachsen auf Brauqualitäten nach den aktuellen Anforderungen untersucht werdenund es fanden sich erste - noch wenige - Linien mit dem erforderlichen Niveau in Kombination mit Embryoflugbrandresistenz bei hohem Ertrag, wobei die sorteneigene Beikrautregulierung das angestrebte Niveau aber noch nicht erreicht hat. Inzwischen (Anbau 2024) sind erste Zuchtstämme mit Embryoflugbrand- und Hartbrandresistenz auf hohem Brauqualitätsniveau in den eigenen Ertragsprüfungen. Es geht also voran, aber es braucht noch die Sortenzulassung und natürlich die Vermehrung, denn von 5kg kommt man nicht in einem Jahr auf 5t Saatgut. Zur Bewältigung dieser Aufgabe freut sich das Team von Cultivari auf ihre Unterstützung beispielsweise mittels Spenden. Und Öko-Landwirte, die sich in der Saatgutvermehrung mit engagieren wollen, sind auch ganz besonders willkommen.

Flugbrand

Die Flugbrandkrankheit der Gerste (Ustilago nuda; s. Abb) ist eine samenbürtige Pilzkrankheit, bei der die Ähren zu einem Brandsporenlager umgebildet werden. Unter ökologischen Saatgutvermehrungsbedingungen muss diese Krankheit besonders berücksichtigt werden, da bereits mehr als 3 bzw. 5 flugbrandkranke Pflanzen auf 150m² zu einer Aberkennung des Bestandes für die Basis- bzw. Z-Saatguterzeugung führen.

Unterscheidung der verschiedenen Brandarten der Gerste

Der Flugbrand (Ustilago nuda =  loose smut [Abb.links]) und der Schwarzbrand (Ustilago nigra = false loose smut) weisen die gleichen Krankheitssymptome auf: frühzeitiges Aufreißen der Brandsporenlager und verstäuben der Sporen. Beim Hartbrand (Ustilago hordei = covered smut) dagegen bleiben die Brandsporenlager bis zur Kornreife von einem Häutchen umschlossen. Die Konsistenz der Hartbrandähre ist plastisch-hart. Im Sporenkeimungstest gleichen sich allerdings Schwarzbrand  und Hartbrand, da bei diesen beiden das Promycel Sporidien bildet. Diese beiden rufen Kornkeimlingsinfektionen hervor. Flugbrand bildet dagegen ein Dauermycel im Embryo.

Symptome und Krankheitsverlauf

Die Infektion geht von Sporenlagern aus, die sich auf einer kranken Pflanze anstelle der Samen gebildet haben. Über die Luft gelangen die Flugbrandsporen auf Narben und Fruchtknoten einer gesunden Gersten.
Die optimalen Keimtemperaturen für die Flugbrandsporen auf Narben und Fruchtknoten in einer gesunden Blüte liegen bei 18-20°C und einer relativen Luftfeuchte von 96-98% (1). In Regionen mit geringer Luftfeuchtigkeit wird Flugbrand deshalb auch selten gefunden (2). Wenn die Gerstenblüte bereits bestäubt wurde, die Samenanlagen sich zum Samen umbilden und insbesondere die Samenschale ausgebildet ist, können die Pilzhyphen sie nicht mehr durchdringen. Sind die Pilzhyphen aber schon eingedrungen, wachsen sie  in den Embryo und bilden dort dickwandige Dauerhyphen (3). Daneben ist es auch möglich, dass Sporen auf dem Blütengrund direkt durch die Epidermis des  Fruchtknotens hindurch wachsen, wodurch eine starke Schädigung des Embryos stattfindet.

Keimt das infizierte Korn, so wächst das Pilzmycel im Pericarp hauptsächlich intrazellulär, im Endosperm interzellulär, dringt auch in die Aleuronschicht und besiedelt zuletzt das Scutellum. Von dort wächst das Mycel interzellulär unmittelbar hinter dem Vegetationspunkt her, in die Halme, die Blätter und die Ährenanlage, und wird mit der Internodienstreckung aufwärts getragen (4). Normalerweise geht der Pilz in den Ährenanlagen der Wirtspflanze erst in der Blühreife zur Sporenbildung über.

Umgebungsbedingungen

Wenn die Gerste bei feucht-warmer Atmosphäre und trockenem Boden noch vor dem Ährenschieben geschlossen abblüht so wird die Infektion unmöglich gemacht (3). Kühles Wetter dagegen verlängert die Blütezeit und erhöht insofern die Infektionsmöglichkeit. Bedingungen, welche die Infektion mit Flugbrand während der Blüte begünstigen, sind Temperaturen von 18-25°C und 80-100% Luftfeuchte. Bei Temperaturen unter 12°C finden nahezu keine Infektionen mehr statt (5). Niedrige Temperaturen bei der Keimung verhindern den Befall, da nur bei genügend hohen Temperaturen der Pilz schnell genug in den Embryo vordringen kann (6). Keimt das Getreidekorn bei nahe 0°C dann wächst das Pilzmycel nicht mit. Findet die Keimung der Gerste bei höheren Temperaturen statt, so dass das Pilzmycel sofort zum Vegetationspunkt gelangen kann, so können darauf folgende tiefe Temperaturen den Befall nicht mehr vermindern (3).

Hohe Temperaturen um 23°C begünstigen die Brandährenentwicklung (3). Deshalb fördert späte Aussaatzeit im Frühjahr, sofern sie mit höheren Temperaturen verbunden ist, auch den Flugbrandbefall. Flugbrand tritt dann stärker in Sommer- als in Wintergetreide auf. Verschiedene Bodenarten und Stickstoffdüngung haben kaum einen Einfluss auf den Flugbrandbefall (7).

Beim Flugbrand handelt es sich also um eine wärme- und feuchtigkeitsbezogene Gerstenkrankheit.

Für eine fortgesetzte Saatguterzeugung unter ökologischen Anbaubedingungen, bei der eben keine chemisch-synthetischen Saatgutbehandlungsmittel eingesetzt werden, ist eine möglichst geringe Anfälligkeit anzustreben. Feucht-warme Witterung während der Keimung und der Blüte erhöht die Anfälligkeit der Gerste. Dem kann vom Landwirt durch geschickte Wahl des Saatzeitpunktes mit für den Flugbrand allzu kühlen Temperaturen entgegen gewirkt werden. Leider kann man sich nicht immer auf eine entsprechend günstige Witterung verlassen. Um auch in diesen Fällen, den Befall möglichst gering zu halten, sind Sorten erforderlich, die dem Pilzwachstum unter natürlichen Verhältnissen keinen Angriffspunkt bieten.

Lebensdauer von Flugbrandsporen

Bei Zimmertemperatur sinkt die Keimfähigkeit schon nach wenigen Monaten stark ab und erlischt nach einem Jahr. Bei Temperaturen von 0-2°C behalten die Sporen bis zu 9 Monate 50% Keimfähigkeit (2). Während die Brandsporen bei optimaler Lagerung noch 10 Jahre lang eine gute Keimrate aufweisen, ist die Lebensfähigkeit des Mycels im Saatgut zeitlich eng begrenzt. Nach einer Lagerdauer von über 2 Jahren sinkt die Befallsrate der aus dem infizierten Saatgut hervorgehenden Pflanzen (14).

 
Resistenztypen

Bezüglich des Befalls mit Flugbrand sind folgende verschiedene 'Resistenztypen' zu unterscheiden.

  • "Cleistogamic"-Typ: Die scheinbare Resistenz (oder auch  Pseudo-Resistenz (8)) geht mit einem geschlossenen Abblühen (Cleistogamie) einher, wodurch die Sporen nicht an den sich bildenden Samen gelangen können. Bei cleistogamen Varietäten sind die Schwellkörperchen (Lodiculae) ganz häutig und dadurch funktionslos (9). Daneben kann bei feucht-warmer Witterung und trockenem Boden die Blüte bereits in der Blattscheide des Fahnenblattes stattfinden, wodurch die Infektion ebenfalls unterbunden wird. Bei eigenen Untersuchungen in Darzau erwies sich nur die Sorte 'Sigrid' als cleistogam.
  • "Embryo"-Typ: Bei der Embryoresistenz kann der Embryo nicht befallen werden (z.B. Un8-Resistenz). Für die Embryoresistenz wird die Geschwindigkeit der Cuticula-Bildung auf den Integumenten als Ursache diskutiert (4). Nach künstlicher Infektion ist kein Embryobefall festzustellen. 'AC Metcalfe' und 'Freedom' sollen über eine solche Embryoresistenz verfügen.
  • "Hypersense"-Typ: Eine besondere Resistenzform ist die Überempfindlichkeitsreaktion, die sich durch das Absterben embryonalen Gewebes äußert. Bei starker Infektion erscheinen solche Sorten als hochresistent, da die befallenen Körner absterben. Bei schwacher Infektion sind sie allerdings hochanfällig und können auch schon einmal Blätter mit Flugbrandsporenlagern aufweisen. Diese Überempfindlichkeitsreaktion soll bei japanischen Herkünften häufiger sein und bei diesen zum Absterben der Pflanzen im jungen Entwicklungsstadium oder zu Kümmerwuchs führen (11).
  • "Escape"-Typ: Bei der Ausbreitungsresistenz bzw. dem Entwachsen wird zwar der Embryo befallen, der Vegetationspunkt aber nicht erreicht (z.B. Un3/6-Resistenz). Bei Sorten mit Ausbreitungsresistenz wird eine Hemmung der Mycelausbreitung vom Scutellum in den Vegetationspunkt schon während der Keimlingsentwicklung beobachtet. Dieser Resistenztyp kann durch Nachweis des Erregers im Embryogewebe klassifiziert werden. Es handelt sich bei der Ausbreitungsresistenz also um eine Embryoanfälligkeit mit Altersresistenz (12). Diese Resistenz ist vielfach nachgewiesen worden in der Sorte 'Jet' und auch in den Sorten  'Conquest', 'Francette', 'Emir', 'Irania', 'Luna', 'Mirena(aus Emir)', 'Ramona(aus Emir)', 'Tintern(aus Emir)', 'Uta', 'Excelle' wurde diese Resistenzform nachgewiesen (13). Auch die resistenten Sorten 'Steffi', 'Astrid' und 'Carrero' können aufgrund von Analysen mit verschiedenen Flugbrandherkünften und wegen ihrer Abstammungen nur über die Un6-Resistenz verfügen.

 
Sortenversuchsergebnisse zum Flugbrand an Sommergerste

Im Rahmen eines vom BMELV geförderten Forschungsprojektes wurden von 2002 bis 2004 die Sommergersten der Beschreibenden Sortenliste des Bundessortenamtes unter künstlichen und natürlichen Infektionsbedingungen einem Befall ausgesetzt. 

Die nachfolgende Tabelle gibt den mittleren Befall in % unter natürlichen Infektionsbedingungen nach zwei Infektionszyklen mit der Flugbrandherkunft DE-29490 und Prüfung an den beiden Standorten Darzau und Dottenfelderhof wieder.

 

Hartbrand

Der Hartbrand der Gerste (Ustilago hordei; s. Abb) ist eine samenbürtige Pilzkrankheit, bei der die Ähren zu einem Brandsporenlager umgebildet werden. Unter ökologischen Saatgutvermehrungsbedingungen muss diese Krankheit besonders berücksichtigt werden, da bereits mehr als 3 bzw. 5 hartbrandkranke Pflanzen auf 150m² zu einer Aberkennung des Bestandes für die Basis- bzw. Z-Saatguterzeugung führen.

Unterscheidung der verschiedenen Brandarten der Gerste

Beim Hartbrand (Ustilago hordei = covered smut [Abb.links]) bleiben die Brandsporenlager bis zur Kornreife von einem Häutchen umschlossen. Erst beim Drusch werden die Sporenlager zerstört und die Brandsporen haften dann den gesunden Körnern von außen an. Im Gegensatz dazu reißen bei Flugbrand (Ustilago nuda =  loose smut) und Schwarzbrand (Ustilago nigra = false loose smut) die Brandsporenlager bereits frühzeitig auf und die Sporen werden in die Blüten der gesunden Ähren verweht.

Symptome und Krankheitsverlauf

Die Infektion geht von Sporenlagern aus, die sich auf einer kranken Pflanze anstelle der Samen gebildet haben. Über die Luft gelangen die Hartbrandsporen erst beim Drusch auf die Oberfläche der gesunden Gerstenkörner.
Keimt das infizierte Korn, so keimen auch die Hartbrandsporen und wachsen in den Keimling hinein. Erst in der Blühreife der Wirtspflanze geht der Pilz in den Ährenanlagen zur Sporenbildung über.

Sortenversuchsergebnisse zum Hartbrand an Sommergerste

Mit Unterstützung des Landes Niedersachsen (Niedersächsisches Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) wurden in den Jahren 2002 und 2003 die Sommergersten der Beschreibenden Sortenliste des Bundessortenamtes unter künstlicher Infektion angebaut. Im Sommer 2002 wurden alle Sorten mit je 1m² angebaut. Mangels Hartbrandsporen konnten keine größere Saatgutmenge infiziert werden. Nur wenige Sorten zeigten einen deutlichen Befall. Im Sommer 2003 wurden die Muster dann mit drei Wiederholungen auf je 2m² angebaut, um die Anfälligkeit besser beurteilen zu können.
Die Ergebnisse wurden veröffentlicht unter:
MÜLLER,K.J. 2004: Prüfung der Anfälligkeit aktuell verfügbarer Sommergersten gegenüber Hartbrand (Ustilago hordei). IN: Landwirtschaftskammer Hannover, Ref. Ökologischer Landbau [Hrsg]: Versuchsergebnisse im Ökologischen Ackerbau in Niedersachsen 2002-2003, 15-32.

Ein Viertel der Sommergerstensorten blieb ohne einen Befall mit Hartbrand. Im Anbaujahr 2003 war der Befall allerdings etwas höher als im Vorjahr. Trotz Ausdehnung der Testfläche von 1m² in 2002 auf insgesamt 6m² in 2003 war bei vier Sorten die Anfälligkeit nur anhand einer kranken Ähre auszumachen. Durch die Ausweitung der Testfläche war bei 21 Sorten, die im Vorjahr befallsfrei geblieben waren, im zweiten Jahr ein Befall feststellbar. Aufgrund des sehr hohen Anteils nicht oder nur gering mit Hartbrand befallener Sorten war eine varianzanalytische Auswertung dennoch nicht möglich. Um zu einer statistischen Absicherung zu kommen, müsste die Testfläche nach den bisher vorliegenden Ergebnissen pro Sorte auf insgesamt ca. 20m² erhöht werden.

 

Katemina

  • Saatgutbezug:

    Zur Aussaat sind je nach Korngewicht und Keimfähigkeit ca. 160-180kg/ha Saatgut erforderlich (Empfohlene Saatstärke: 350 keimfähige Körner pro m²).

    Anfragen zu Öko-Z-Saatgut der Winterspeisenacktgerste Katemina richten Sie bitte an Öko-Korn-Nord (Tel.: +49-4138-5106-0) oder die Biosaat GmbH. Letztere vermittelt gegebenenfalls auch Basissaatgut zur Vermehrung auf Z-Saatgut und dort kann auch Konsumgetreide von Katemina für die Weiterverarbeitung vermittelt werden.

  • Werdegangbeschreibung:

    Katemina ist eine spelzenfreidreschende Wintergerste, die aus der nachfolgenden langen Kreuzungsreihe hervorgegangen ist: BGRC5126/BGRC5110//BGRC5110/StammBerlina/3/Duet/5/StammBerlina/BGRC5126//BGRC5110/StammKorea/3/BGRC5110/BGRC5126/4/Post/3/Hiberna//StammBerlina/StammKorea. Bei den BGRC-Nummern handelt es sich um genetische Ressourcen aus der früheren Genbank in Braunschweig, die heute in die Genbank des IPK Gatersleben integriert ist. Die Stämme sind interne Selektionen aus genetischen Ressourcen. Bei Duet, Hiberna und Post handelt es sich um ältere Sorten, die nicht mehr im Handel sind, sondern nur noch in Genbanken hinterlegt sind. Der letzte Kreuzungsschritt erfolgte 2009. Die Entwicklung über die gesamte Kreuzungsabfolge lag in der Hand von Karl-Josef Müller. Die Selektion fand auf Grundlage der Stammbaum-Methode auf den Flächen der Biobetriebe im Umfeld von Darzau statt. Die biologisch-dynamischen Präparate wurden und werden in Züchtung und Erhaltungszüchtung angewandt. Die Saatgutvermehrung bis zum Z-Saatgut erfolgt auf ökozertifizierten Betrieben.

    Am 8.10.2019 wurde Katemina unter der BSA-Kenn-Nr. GW 3912 vom Bundessortenamt der Sortenschutz zuerteilt. Aufgrund der geringen Marktbedeutung von Winternacktgerste stand die kostspielige mehrjährige Wertprüfung aber noch in keiner Relation zu erwartbaren Lizenzeinnahmen. Daher ist aktuell nur die "Zulassung zur Verwendung ausserhalb der Vertragsstaaten" beantragt, was auf der Verpackung vermerkt werden muss, um zum Ausdruck zu bringen, dass die Sorte nicht auf Landeskulturellen Wert geprüft wurde. Es steht aber jedem, der Saatgut der Sorte erworben hat, frei, dieses auf seinen Feldern innerhalb der Europäischen Union auszubringen.

    Die Angaben zur Werdegangbeschreibung wurden von Karl-Josef Müller verfasst.

  • Züchtungszertifikat: media/acfupload/Demeter-Zertifikat-Katemina.jpg
  • Accordion Sorte:
    • Accorion Titel: Biologisch-dynamisch gezüchtete Sorte, Accordion Copy:

      Bei allen nach EU-BIO-VO hergestellten Erzeugnissen darf darauf hingewiesen werden, dass es sich bei der Sorte Katemina um eine "biologisch-dynamisch gezüchtete Sorte" handelt, die nach der Demeter-Planzenzuchtrichtlinie und  der Cultivari-Pflanzenzuchtrichtlinie entwickelt wurde. Vom Demeter eV wurde dies mit Datum vom 15.06.2020 bescheinigt (siehe Züchtungszertifikat oben rechts).

  • Qualitätsgruppe: Nacktgerste
  • Form: Winterform
  • Speisenacktgerste (Herbstanbau)
  • Sehr guter Freidrusch
  • Winterhart mit Flugbrandresistenz und Gelbverzwergungsvirustoleranz (BYDV)
  • Hellgelbes Korn

Pirona

  • Saatgutbezug:

    Zur Aussaat sind je nach Korngewicht und Keimfähigkeit ca. 160-180kg/ha Saatgut erforderlich (Empfohlene Saatstärke: 350 keimfähige Körner pro m²).

    Anfragen zu Öko-Z-Saatgut der Sommerspeisegerste Pirona richten Sie bitte an Öko-Korn-Nord (Tel.: +49-4138-5106-0) oder Bioland-Handelsgesellschaft BW (Tel.: +49-711-550939-15) oder ihren Öko-Saatgutlieferanten. Möglicherweise kann von dort auch Konsumgetreide von Pirona für die Weiterverarbeitung vermittelt werden.

    Für die Vermehrung von Basissaatgut zu Z-Saatgut wenden Sie sich bitte an die Biosaat GmbH.

  • Werdegangbeschreibung:

    Pirona ist eine spelzenfreidreschende Sommergerste, die aus der Kreuzung HB334//PI268183/Nackta hervorgegangen ist. PI268183 war eine genetische Ressource aus der Genbank Aberdeen/Idaho/USA die von Karl-Josef Müller im Jahr 1990 gekreuzt wurde mit der Sorte Nackta, die in Deutschland 1969 zugelassen worden war. Ein aus dieser Kreuzung in Darzau hervorgegangener Zuchtstamm wurde im Jahr 2000 mit HB334, einem Zuchtstamm aus Kanada, gekreuzt. Der Anbau der ersten Generation nach der letzten Kreuzung fand auf dem Demeter-Betrieb von Ian Henderson in Neuseeland statt. Danach erfolgte die weitere Selektion auf Grundlage der Stammbaum-Methode auf den Flächen der Biobetriebe im Umfeld von Darzau. Die biologisch-dynamischen Präparate wurden und werden in Züchtung und Erhaltungszüchtung angewandt.

    Der Entschluss, die Sorte durch Zulassung dem Ökologischen Landbau verfügbar zu machen, entstand aufgrund des sehr guten Abschneidens im Rahmen von bundesweiten Sortenversuchen, die 2009 gefördert vom Bundesprogramm Ökologischer Landbau im Rahmen des Netzwerks Ökologische Pflanzenzüchtung stattfinden konnten.

    Am 20.12.2012 wurde Pirona unter der BSA-Kenn-Nr. GS 2603 vom Bundessortenamt zugelassen.

    Es wurden und werden von der Getreidezüchtungsforschung Darzau grundsätzlich immer die biologisch-dynamischen Spritzpräparate Hornmist und Hornkiesel angewendet. Seit 2009 wird Hornmist nach der Fertigstellung noch für mindestens sechs Wochen bis zu maximal einem Jahr vor der Anwendung in einem Tontopf mit den biologisch-dynamischen Kompostpräparaten behandelt. Dieses modifizierte Hornmistpräparat wird unmittelbar in den Tagen nach der Aussaat auf den Zuchtflächen ausgebracht. Die Auswahl der Zuchtflächen findet in Absprache mit den jeweiligen Betrieben statt, in deren Fruchtfolge die Fläche eingebettet ist.

    Die Angaben zur Werdegangbeschreibung wurden von Karl-Josef Müller verfasst.

  • Züchtungszertifikat: media/acfupload/Demeter-Zertifikat-Pirona.jpg
  • Accordion Sorte:
    • Accorion Titel: Biologisch-dynamisch gezüchtete Sorte, Accordion Copy:

      Bei Demeter-Erzeugnissen unter Verwendung von Pirona darf darauf hingewiesen werden, dass es sich bei Pirona um eine "biologisch-dynamisch gezüchtete Sorte" handelt. Dies wurde mit Datum vom 18.11.2011 vom Demeter eV bescheinigt. Mehr zur Zertifizierung biologisch-dynamisch gezüchteter Sorten in den Demeter-Pflanzenzuchtrichtlinien.

      Bei allen nach EU-BIO-VO hergestellten Erzeugnissen darf auch darauf hingewiesen werden, dass es sich bei der Sorte PIRONA um eine Cultivari-Sorte handelt, die nach der Cultivari-Pflanzenzuchtrichtlinie entwickelt wurde.

       

    • Accorion Titel: Daten aus der Beschreibenden Sortenliste zu "Pirona", Accordion Copy:

      Pirona

      Eigenschaft  Wert      
       Erläuterung
      Entwicklung    
      Ährenschieben  4 früh bis mittel
      Reife   4 früh bis mittel
      Pflanzenlänge  7 lang
      Bestandesdichte  4 mittel bis gering
      Kornzahl / Ähre  4 mittel bis gering
      Tausendkornmasse  4* mittel bis gering
      Kornertrag  1* sehr gering
           
      Gesundheit    
      Lagerneigung  8 hoch bis sehr hoch
      Halmknicken  6 mittel bis hoch
      Ährenknicken  5 mittel
      Mehltau  2 sehr wenig
      Netzflecken  5 mittel
      Rhynchosporium  - -
      Zwergrost  - -
           
      Vermarktungsqualität    
      Marktwarenanteil  5 mittel
      Vollgerstenanteil  1 sehr gering
      Hektolitergewicht  9 sehr hoch
      Eiweißgehalt  7 hoch
           
      Zulassungsjahr  2012 Kennung: GS 2603

      Sorte lässt aufgrund geringer Fleckigkeit am Korn Eignung als Speisegerste erwarten

      * Tausendkornmasse und Kornertrag sind auf das Kerngewicht der bespelzten Sorten bezogen

      Quelle: Beschreibende Sortenliste 2017

  • Qualitätsgruppe: Speisenacktgerste
  • Form: Sommerform
  • Speisenackt- und Brotgerste
  • Sehr guter Freidrusch
  • Netzflecken-, Streifenkrankheits-, Flugbrand-, und Mehltau-resistent
  • Auch für die Geflügelfütterung geeignet

Speisegerste

  • Accordion Sorte:
    • Accorion Titel: Entstehung und Verbreitung der Gerste, Accordion Copy:

      Zusammen mit dem Einkorn gehört die Gerste zum ältesten Kulturgetreide. Es wird heute davon ausgegangen, dass die Kulturgerste im Gebiet des "Fruchtbaren Halbmondes" aus der zweizeiligen Wildgerste Hordeum vulgare L. ssp. spontaneum (C.Koch)Thell. hervorgegangen ist, und dass die Kultivierung vor ca. 10.000 Jahren begann (KÖRBER-GROHNE 1985). Die sechszeiligen Gersten sind nach heutiger Ansicht erst ein halbes Jahrtausend später aufgrund einer einfachen spontanen Mutation entstanden. Vermutlich hat die Anpassung an die Kulturbedingungen mehrfach an sehr vielen Orten stattgefunden. Die spelzenfreien Gersten traten nachweislich erst ein weiteres Jahrtausend später auf. In Deutschland sind sie bereits in den ältesten Funden aus der Jungsteinzeit (vor ca. 7000 Jahren) zusammen mit bespelzten Formen nachweisbar (KÖRBER-GROHNE 1985). Schon früh reduzierte sich auf den fruchtbareren Böden der Anteil der Gerste zugunsten der weizenartigen Getreide. Die Gerste eroberte vor allem die weniger fruchtbaren Böden, Höhenlagen und Standorte mit einer kürzeren Vegetationszeit. gs karte

      Der "Fruchtbare Halbmond" umfasst Zentral-Israel, Palestina, West-Jordanien, Libanon, Syrien, die Südwest-Türkei, Nordirak und das Zagrosgebirge im Westen des Iran. In dieser Region begann der Mensch erstmals mit der Bearbeitung der Erde zum Anbau von Nahrungspflanzen. Gerste, Einkorn, Emmer, Flachs (Lein) und Linsen haben hier ihren Ursprung als Kulturpflanzen.

      Zunächst verbreitete sich die Gerste über alle Siedlungsgebiete Westeurasiens und Nordafrikas. Schon vor 8.000 Jahren erreichte sie Griechenland, den Iran und Indien. Wahrscheinlich verbreitete sie sich schon zu dieser Zeit entlang der Nordküste Afrikas und den Nil hinauf nach Eritrea und Äthiopien. Die ältesten Funde Spaniens weisen auf eine Zeit vor ca. 7.000 Jahren und vermutlich vor ca. 6.000 Jahren erreichte der Gerstenanbau Südskandinavien. In China wurde die Gerste erst vor ca. 3.000 Jahren eingeführt. Von dort gelangte sie nach Korea und Japan. Spanische Siedler waren die ersten, die vor ca. 500 Jahren ihre Gerste nach Mittel- und Südamerika brachten, wo sie ihren Weg in die Bergländer fand. Ebenfalls spanische Siedler führten nordafrikanische Gerste nach Kalifornien ein. Mit der Auswanderungswelle nach Nordamerika vor ca. 200 Jahren gelangten verschiedene europäische Gerstensorten in den Norden des amerikanischen Kontinents. Sie bildeten die Basis für die Braugersten, die in den USA und in Kanada angebaut werden. Erst vor ca. 100 Jahren begann sich der Gerstenanbau in Australien auszudehnen, der auf zweizeilige Gersten aus England zurückgeführt werden kann (BOTHMER et al. 2003).

    • Accorion Titel: Charakteristische Besonderheiten, Accordion Copy:

      gs ae grannen blauDie weite Verbreitung der Gerste in Verbindung mit langen Zeiten der regionalen Anpassung hat dazu geführt, dass sich die verschiedensten Besonderheiten herausgebildet haben. Den meisten Menschen im deutschsprachigen Raum erscheinen die langen Grannen als charakteristisches Merkmal der Gerste. Von allen Getreidearten können die Gersten mit Abstand die längsten Grannen aufweisen (s.Abb. links, Gersten mit unterschiedlich langen Grannen). Aber es gibt auch Gersten mit sehr kurzen oder ganz ohne Grannen, die im ostasiatischen Raum vorherrschend sind. Andererseits können auch Weizen, Dinkel, Emmer, Einkorn und Roggen mit mehr oder weniger langen Grannen aufwarten. An den Grannen allein lässt sich die Gerste also noch nicht sicher erkennen.

      Der Botaniker unterscheidet die Gerste beispielsweise anhand des Blütenstandes, also dem Aufbau der Ähre und an den charakteristischen Blattöhrchen am Übergang von der Blattscheide zur Blattspreite (s. Abb. rechts). Sie können violett sein, haben meistens aber eine Farbe zwischen weiß und rosa.

      Zwei- oder Sechszeiligkeit

      gs 2 6 zeiligLinks - 2-zeilige, rechts - 6-zeilige GersteDie Unterscheidung in Zweizeiligkeit oder Sechszeiligkeit ergibt sich aus der Anzahl von Kornreihen an einer Ähre. Bei der Zweizeiligkeit stehen sich zwei Kornreihen gegenüber, denn an jedem Spindelglied der Ähre sitzt nur ein Korn. Genau besehen findet sich aber rechts und links dieses Korns jeweils ein mehr oder weniger deutlich ausgeprägtes Blütchen, das aber meist unvollständig, klein und steril bleibt. Sofern diese unscheinbaren Ansätze jedoch zu vollständigen Blütchen mit umhüllenden Spelzen auswachsen, entstehen rechts und links des mittleren Samenkorns weitere Samenkörner, die zusätzliche Samenreihen bilden. Auf diese Weise entsteht die Sechszeiligkeit. Die auf den ersten Blick vorteilhafte, größere Samenmenge sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine zweizeiligen Gerste größere und gleichmäßigere Samen bildet. Die daraus hervorgehenden Pflanzen bilden mehr ährentragende Halme, sodass eine zweizeilige Gerste auf der gleichen Anbaufläche mehr und schöneres Korn bilden kann.

      Nur unter Bedingungen, die der Ausbildung vieler Halme abträglich sind, wie z.B. eine sehr kurze Vegetationszeit oder sehr trockene Anbaubedingungen, erweist sich die Sechszeiligkeit als potentiell ertragreicher. Die spezielle Art, wie an einem Spindelglied eine Einzelblüte mit mehr oder weniger deutlich ausgebildeten Seitenblüten als Triplet-Form vorkommt, ist charakteristisch für den Blütenstand der Gerste.
      gs freidrusch blue2Unterschiedlich fester Sitz der Spelzen an der Spindel bei Spelz- (links) und Nacktgerste (rechts)

      Die Samen (beim Getreide botanisch: Karyopsen) können von Spelzen umhüllt oder spelzenfrei sein. Auch ein spelzenfreies Korn entwickelte sich zwischen Spelzen, die jedoch beim Drusch vom Korn abfallen, weil zwischen Spelze und äußerer Samenhaut (Pericarp) keine verbindende, zementartige Zwischenschicht ausgebildet wurde. Vollständig aus den Spelzen herauslösen können sich die Körner beim Drusch aber nur, wenn eine möglichst ausgeprägte Verwachsung der Spelzen mit der Ährenspindel vorliegt. Solche spelzenfreidreschenden Gersten lassen sich in Europa bereits in den frühesten Ausgrabungen nachweisen. Aber nur in Graubünden/CH haben sich die spelzenfreien Gersten zu Speisezwecken bis in unsere Zeit erhalten. Das ist bemerkenswert, denn über die Erde hinweg gesehen, finden sich diese spelzenfreien Gersten insbesondere dort im Anbau, wo sich die weizenartigen Getreide aufgrund der klimatischen Bedingungen oder wegen magerer oder salziger Böden nicht so gut anbauen lassen. Die spelzenfreien Gersten dienen in diesen Regionen in erster Linie der Ernährung. Besonders Äthiopien verfügt über eine Vielzahl dieser Nacktgersten und auch Tibet, Nepal, China, Korea und Japan.

      Für eine Verwendung der Gerste zum Bierbrauen ist die Verwachsung der Spelzen mit der äußeren Samenhaut und eine leichte Abbruchneigung der von Spelzen umhüllten Körner von der Ährenspindel erwünscht, weil die Spelzen während des Brauvorgangs eine Filterwirkung ausüben sollen. Zum Verzehr solcher Brau- oder Spelzgersten müssen die Spelzen abgeschält werden. Bei diesem Schälvorgang gehen wertvolle Randschichten des Getreidekorns ganz oder teilweise verloren (letzteres führt zu einem schnelleren Verderb) oder es verbleiben noch Spelzenreste in der Kornfurche, die keiner gerne verspeisen möchte. Bei den spelzenfreidreschenden Gersten kann das ganze Korn in seiner Vollwertigkeit zur weiteren Verarbeitung verwendet werden.

      Farbgerste

      Faszinierend ist die Farbpalette der Gerste. Normalerweise erscheinen uns die Spelzen in strohgelber Farbe, aber es gibt auch Gersten mit schwarzen Spelzen. Gefärbte Ähren sind besonders in Ost-Afrika verbreitet. Die Körner, vom Spelz befreit, haben bei den meisten bespelzten Gersten an ihrer Oberfläche eine graublaue und bei den meisten spelzenfreien Gersten eine beigegelbe Färbung. Daneben gibt es aber auch solche mit roter, violetter und schwarzer Färbung. Gerade bei den äthiopischen und tibetischen Gersten findet sich eine Vielfalt der Färbungen. Wenn die Gerste vor dem Verzehr geröstet wird, wie in Tibet, verschwinden mit der Bräunung auch die Farben.

      gs rg wz haeufleinWo von der Gerste Grütze oder Mehl gewonnen wurde, wie in der Schweiz und in Japan, haben sich überwiegend die hellen Farben durchgesetzt.
      Auch in der Kornform gibt es Unterschiede von klein und fast kugelrund bis lang-oval mit Zipfeln an den beiden Enden. Im Vergleich mit Weizen und Roggen wird die Charakteristik des Gerstenkorns in der Verbindung von rundlichem Korn mit spannungsvollem Übergang in die spitzen Kornenden besonders deutlich (s.Abb. rechts).

      Werden Gerstenkörner verschiedener Sorten zur Aussaat gebracht, erscheinen die jungen Keimlinge auf den ersten Blick fast alle gleich. Doch auch hier gibt es Unterschiede, zum Beispiel beim Vergleich der Keimwurzeln. Bei Zwerggersten beispielsweise, die in Japan über die frostfreien Wintermonate auf den im Sommer mit Reis bestellten sehr feuchten Böden angebaut werden, zeigen die Keimwurzeln vor dem Erscheinen der Keimblätter ein überproportionales Längenwachstum (s.nächste Abb.).
      gs keimendKeimung einer europäischen Sorte (links) und einer japanischen Zwerggerste (rechts)

      Im Verlauf des weiteren Wachstums können bei sehr verschiedenen Sorten und Herkünften auch mehr und mehr Unterschiede sichtbar werden. Es finden sich Pflanzen, die ein helleres oder dunkleres Grün aufweisen, mehr gelblich oder rötlich verfärbt und solche mit einer ausgeprägten Wachsschicht. Pflanzen, die ein dichtes, dunkles Grün aufweisen, können kühlere Temperaturen meist leichter ertragen. Eine rötliche Verfärbung durch den Pflanzenfarbstoff Anthocyan kann durch Trockenheit und Kälte zusätzlich gefördert werden. Sind in den Blättern mehr Carotinoide (Gelbpigmente) enthalten, was bei Gersten aus Höhenlagen häufiger der Fall sein kann, dann wird das Grün der Blätter etwas frischer. Ausgeprägte Wachsschichten kommen insbesondere auf den Blättern von Gersten extrem trockener Herkunftsregionen vor. Auch besonders schmale Blätter sind für extrem trockene Anbausituationen charakteristisch. Die Gersten mit den wohl breitesten Blättern stammen demgegenüber aus der Mongolei, von wo auch die Gersten mit der höchsten Frostverträglichkeit kommen.

      Gerste BeschattungsvermoegenGersten mit unterschiedlichem BeschattungsvermögenIm ökologischen Anbau hat der Wuchstyp eine grosse Bedeutung für das sorteneigene Beikrautregulierungsvermögen durch Beschattung. Insbesondere in der Zeit bis zum Schoßbeginn entscheidet die Wüchsigkeit der Gerste darüber, ob das Ackerwildkrautaufkommen erfreulich oder bedrohlich wird. Gersten mit hoch-weit-überhängendem Blatt können den Boden zwischen den Saatreihen besser beschatten (nächste Abb.: linke Gerste beschattet besser).

      Sind die verschiedenen Gersten ausgewachsen, finden sich die für unser Verständnis wohl eigenartigsten Formen bei den japanischen Herkünften, die kurz und stämmig sind und nicht einmal 40cm hoch werden (s. Abb. rechts). Diese Formen bilden auch die kleinsten und rundlichsten Körner aus. Demgegenüber können alte nordeuropäische Landsorten bis zu 140cm Höhe erreichen.
      Mit dem Erscheinen der Ähren vervielfältigen sich die Unterschiede noch einmal beträchtlich. Global gesehen ist die zweizeilige, lang begrannte Gerste ein Sonderfall. Die ursprünglich kälteempfindlicheren zweizeiligen Gersten kamen in den ausgesprochenen Hochländern und in den nordischen Gerstenanbaugebieten generell nicht vor.

      Besonders häufig fanden sich die zweizeiligen Gersten in Ost-Afrika. Die sechszeiligen Gersten sind weltweit weitaus mehr verbreitet und kommen in Ostasien häufig mit kurzen oder ganz ohne Grannen vor. In Japan etablierte sich die zweizeilige Gerste erst vor ca. 100 Jahren. Neben den typischen zwei- und sechszeiligen Gersten gibt es alle Übergänge in der Ausbildung der beiden seitlichen Blüten eines Triple-Ährchens. Von nicht vorhanden über eine Spelze in Ansätzen bei den zweizeiligen Gersten, über eine Blüte, die verkümmert, oder nur ein schmächtiges Korn ausbildet, bis hin zur vollständigen Ausprägung als sechszeilige Gerste können alle Übergänge auftreten.

      Eine Besonderheit sind die Kapuzengersten, die in Nepal, Tibet und der Mongolei beheimatet sind. Diese Regionen weisen hohe tägliche Temperaturschwankungen auf. Bei den dortigen Gersten ist die Granne zu einer „Kapuze“ umgebildet, in deren Spitze zum Zeitpunkt des Ährenschiebens die Anlage zu einer weiteren Blüte gefunden werden kann. In dieser kleinen Hülle kann sich aber kein Korn bilden.

      Auch Gersten mit breiten Grannen, die sich in drei Spitzen auffächern, oder mit Grannen die ganz glatt sind im Gegensatz zu den mit vielen Widerhaken besetzten, lassen sich finden. Formen ohne Grannen, wie bei vielen ostasiatischen sechszeiligen Herkünften, gibt es auch als zweizeilige Varianten aus Äthiopien (s. Abb. links).
      Besonders gedrungene Ähren (s. Abb. rechts) finden sich in Japan und China, aber teilweise auch in Afghanistan, Syrien und Israel. Das Auftreten dieser Formen geht mit trockenfallenden, dichtsetzenden Böden und warmen Klimaten einher. 

      gs ae gedrungen OLYMPUS DIGITAL CAMERA         gs ae kapuze flora viel gs ae lena blueback
      gs 1 granne

      Die Vielfalt der Grannenbildungen bei der Gersten ist faszinierend, aber dass Gersten diese ausserordentlich langen Grannen bilden können, die wie auf ein Ziel in weiter Ferne genau ausgerichtet zu sein scheinen, beeindruckt besonders. Damit eine solche Bildung zustande kommt, müssen zwei Bildekräfte zusammenwirken, die zueinander gegensätzlich sind. Eine leicht plastizierbare Wüchsigkeit, also ein vegetatives Teilungswachstum, muss mit einer ausgeprägten Gestaltbildung, also einem Reifevorgang, auf eine Weise zusammen wirken, dass die Spannung zwischen diesen beiden Polen möglichst lange erhalten bleibt, bevor die Reifung das Wachstum vollständig zur Ruhe bringt. Dazu gehört eine starke Wachstumsdynamik. Nicht zuletzt hat die Gerste ihre Anbaubedeutung insbesondere in den Übergangsbereichen des Getreideanbaus zwischen den besonders fruchtbaren Standorten, auf denen Mais, Weizen und Reis vorherrschen, und den extrem einseitigen Standorten, auf denen beispielsweise nur noch bestimmte Hirsearten gedeihen. Je nachdem in welche Bedingungen sich die Gerste eingefunden hat, ist das Gleichgewicht zwischen den Gegensätzen Wüchsigkeit und Durchformung in die eine oder andere Richtung verschoben, mehr oder weniger angepasst an die vorherrschenden Bedingungen. Das Verhältnis der Gegensätze zueinander ist auch davon abhängig, wie der Mensch durch Anbaumaßnahmen und züchterische Selektion das Zusammenspiel fördert.

      Dynamik und Spannkraft sind für mich die besten Begriffe, um die Eigenart der Gerste unter den Getreiden zu charakterisieren. Wer mit der Eigenart der Gerste einmal vertraut ist, der wird sie als Nahrungsmittel ganz besonders schätzen. Karl-Josef Müller

      Literaturnachweis
      Bothmer, R. et al. (2003): Diversity in barley. Amsterdam/NL:Elsevier, 280p, ISBN:0-444-505857.
      Körber-Grohne, H.(1985): Nutzpflanzen in Deutschland. Hamburg: Nikol Verlagsgesellschaft.
      Müller, K.J. (1998): Erweiternde Kriterien für die Züchtung von Sommerspeisegerste im Organischen Landbau. Berlin: Köster, ISBN 3-89574-303-8.

    • Accorion Titel: Zum Anbau der Gerste, Accordion Copy:

      Wachstum und Formbildung durchdringen sich bei der Gerste auf eine spannungsvoll sensible Weise. Entsprechend sensibel muss unter mitteleuropäisch humiden Klimaverhältnissen auch der ökologische Anbau auf die Eigenart der Gerste ausgerichtet werden. Eine allzu triebige Düngung kann die Durchformung der Gerstensubstanz erschweren. Die Vielfalt der möglichen Pilzkrankheiten macht das empfindliche Spannungsfeld auf dem Entwicklungsweg der Gerste zwischen Wachsen und Reifen besonders deutlich. Die Gerste sollte daher in der Fruchtfolge nicht unmittelbar auf eine Leguminosenvorfrucht oder eine mit triebigem Mist gedüngte Kultur folgen. Günstigerweise wird sie im zweiten oder dritten Jahr danach angebaut. Ein lockeres Saatbett und eine mitteltiefe Ablage kommen der Sommerspeisenacktgerste besonders entgegen. Bei allzu flacher Saat muss auf kleinen Flächen mit erheblichem Vogelfrass gerechnet werden, denn auch Vögeln schmeckt die Gerste ohne Spelz besser.

      Die sonst für Spelzgerste übliche Saatstärke kann bei nicht ganz günstigen Saatbedingungen für Nacktgerste um 10-15% erhöht werden (also beispielsweise von 350 auf 400 keimfähige Körner pro m²). Bis zum Schossen entscheiden Blätter und Wüchsigkeit einer Gerstensorte darüber, ob Ackerwildkraut als ökologisch willkommenes Beikraut oder die Ausbeute beeinträchtigendes Unkraut erlebt wird. Sofern verschiedene Sorten zur Auswahl stehen, sollte auf wüchsigeren Standorten den höher bestockenden Formen mit lang-schmalen Blättern der Vorzug gegeben werden, auf den etwas mageren Standorten haben die Formen mit breiteren Blättern und höherem Wuchs ein besseres Beikrautbeschattungsvermögen.

      Für Speisenacktgersten ist die Einstellung des Mähdreschers besonders zu beachten. Bei einer hochwertigen Speisegerste sollten die Körner beim Drusch bereits aus den Spelzen herausfallen. Bei einer zweizeiligen Speisegerste muss der Dreschkorbabstand also so eng wie möglich eingestellt werden. Ohne Spelzen sind die Samen gegenüber einer mechanischen Beanspruchung natürlich weniger geschützt, dafür muss aber auch nicht wie bei den Spelzgersten gewährleistet werden, dass die mit den Spelzen verbundenen Grannen vollständig abbrechen. Die Dreschtrommeldrehzahl ist deshalb um ein Drittel bis die Hälfte niedriger einzustellen als für Spelzgersten. Auf diese Weise kann die Gerste unbeschadet und mit einer hohen Keimfähigkeit geerntet werden. Selbstverständlich ist darauf zu achten, dass die Gerste rechtzeitig geerntet wird, bevor sie bei feuchter Witterung bereits auf dem Halm wieder zu keimen beginnt.

    • Accorion Titel: Gerstentypische Eigenschaften für Speisezwecke und Produktbeispiele, Accordion Copy:

      Für die Verwendung zu Speisezwecken sind die gerstentypischen Eigenschaften von besonderem Interesse. Hinsichtlich der Viskosität oder Klebrigkeit des Mehlkörpers hat die Gerste unter den Getreiden Herausragendes zu bieten. Die Stärke der Gerste kann einen sehr hohen Grad der Vernetzung erreichen, zeigt dadurch eine sehr hohe Viskosität bei Erwärmung als Brei und kann auch viel Wasser binden. Aufgrund der schleimbildenden Eigenschaft ist die Gerste als diätetisches Nahrungsmittel bei Magen-Darm-Schwächen zu empfehlen.

      Zwischen den Gersten verschiedenster Herkunft können bezüglich der Verkleisterungseigenschaften grosse Unterschiede gefunden werden, die bei der Züchtung zu berücksichtigen sind. Intensität und Charakter der Viskosität hängen auch davon ab, ob das Korn vollständig ausgereift ist oder schon wieder dazu neigt auszuwachsen. Mit der Keimung wird die Stärke zu Zuckern abgebaut und lässt dabei in der Verkleisterung mehr oder weniger nach. Die Stärke selbst wird nach langkettigen, spiraligen Molekülen -der Amylose- und komplex verzweigten Molekülen -dem Amylopektin- unterschieden. Normalerweise enthält die Gerste ca. 20-30% der Stärke in Form von Amylose. In Japan werden daneben traditionell auch besondere amylopektinreiche Klebgersten verwendet, die mit weniger als 5% Amylose schon bei einer geringeren Temperatur schnell verkleben und noch dazu einen sehr milden Geschmack aufweisen (siehe dazu nachfolgende Abbildung aus der Untersuchung mit einem Rapid Visco Analyzer).

      gs viscoViskositätskurven bei Gersten in Relation zum Temperaturverlauf über 10 Minuten

      Die löslichen Ballaststoffe, als deren Repräsentant bei der Gerste das beta-Glucan besondere Beachtung gefunden hat, können die Viskosität zusätzlich erhöhen. Diese ebenfalls aus Zuckern aufgebauten Moleküle mit einer anderen Raumstruktur als die Stärke -wodurch sie von den Verdauungsenzymen nicht aufgeschlossen werden können- binden bis zum 40-fachen ihres Eigengewichtes an Wasser und quellen dementsprechend auf. Dies benötigt auch etwas mehr Zeit als bei der Stärke. In der menschlichen Verdauung binden sie beispielsweise die Gallensäuren, entziehen diese dadurch dem enterohepathischen Kreislauf, auf dem sie sonst über die Pfortader wieder der Leber zugeführt würden. Auf diese Weise tragen sie dazu bei, dass der Blutcholesterinspiegel abgesenkt wird.
      Die löslichen Ballaststoffe binden aber nicht nur Gallensäuren, sondern auch andere Verdauungssäfte und Mineralstoffe, weshalb sie in der Hühner- und Schweinefütterung als Verdauungshemmer nicht gerne gesehen sind. Erst im Dickdarm wird das ß-Glucan durch Mikroorganismen aufgeschlossen und kann dabei auch die Gasbildung erhöhen. Es spricht also manches für diese Substanzgruppe in der Ernährung, aber auch manches dagegen. Der ß-Glucangehalt sollte demzufolge nicht überbewertet werden. ß-Glucanreiche Gersten sind nur für Spezialprodukte von besonderem Interesse. Die derzeit verfügbaren Sorten weisen durchschnittliche ß-Glucan-Gehalte von ca.3% auf. In der Getreidezüchtungsforschung Darzau sind aber auch besonders ß-glucanreiche Speisegersten in der Entwicklung, die im Einzelfall Gehalte von 8-9% ß-Glucan aufweisen können.

      Die Viskosität wird also sowohl vom Anteil an löslichen Ballaststoffen und von der Zusammensetzung der Stärke hinsichtlich Amylopektin-Amylose-Verhältnis beeinflußt, als auch von der Aktivität der stärkespaltenden Enzyme (Amylasen) während der Ausreifung der Körner auf dem Halm und bei bereits einsetzenden Keimungsvorgängen.

      gs chromasRundbilder von Speisegersten aus dem Chroma-Test

      Auf der Suche nach einem umfassenderen Verständnis der Substanzeigenschaften von Gerstenkörnern wurde auch die Untersuchung mit dem Chroma-Test vorangetrieben (MÜLLER 1998). Beim diesem Test werden Gerstenkörner gemahlen und mit einer schwachen Lauge aufgeschlossen. Anschließend wird diese Lösung in einem mit Silbernitrat vorbehandelten Rundfilterpapier zur Ausbreitung gebracht. Bei den Untersuchungen konnten Gerstenkorn-Zustandsformen mit dem Entwicklungsverlauf der Samenbildung und Keimung in Beziehung gesetzt und dementsprechend charakterisiert werden (obere Bildreihe in der Abbildung). Hat man erst einmal Standardvergleichsbilder erstellt, dann kann mit dem Test festgestellt werden, ob sich das geerntete Korn seinen Lebensvorgängen nach zuletzt in der Phase des Reifens befand oder bereits auf die Keimung ausgerichtet hat (Beispiele in unterer Bildreihe). Auf diese Weise ist es möglich solche Sorten ausfindig zu machen, die zum üblichen Erntezeitpunkt die volle Reife erreichen, für eine gewisse Zeit bewahren und erst allmählich wieder in die Keimungsvorgänge hinübergleiten. Selbstverständlich kann durch nachträgliches Wässern und Erhitzen der Samenkörner in der weiteren Verarbeitung der bestehende Zustand noch weiter modifiziert werden, um die Verdaulichkeit zu beeinflussen. Allerdings nimmt dadurch die Viskosität der Stärke wieder ab.

      Nationale und internationale Produktbeispiele

      Auch das spelzenfreie Korn wird noch von einer feinen Samenhaut umgeben, die beim Verzehr von Vollkornprodukten je nach Zerkleinerungsgrad mit gegessen wird. Um dieses feine, holzfaserreiche Häutchen zu entfernen und nicht in erster Linie um das Getreide zu zerkleinern, war in fast allen auf Getreideernährung basierenden Kulturen das Stampfen des Getreides mit ein klein wenig Wasser üblich. Bei diesem Reiben der feuchten Körner aneinander löst sich das Häutchen ab und kann im trockenen Zustand dann weggeblasen werden (GAMERITH 1958). Vor rund hundert Jahren entwickelte Stefan Steinmetz ein müllereitechnisches Verfahren mit dem dieser Vorgang im größeren Maßstab durchgeführt werden kann.

      Um Spelzgersten für die Ernährung verwenden zu können, hat man schon vor ca. 200 Jahren die industriell hergestellte Rollgerste erfunden, bei der die Gerste zwischen einer horizontalen Walze, die in ein größeres Rohr geschoben ist, gerollt wird, bis die Spelzen, aber auch der größte Teil der wertvollen Randschichten des Korns abgeschmirgelt sind. Am Ende hat man ein weißes Stärkekügelchen, die Graupe. Weitere Verfahren der Getreideaufbereitung, die sich in den verschiedensten Kulturen entwickelt haben, sind das Anquellen und Rösten des Getreides. Dabei erfolgt die Kombination von Wasser und Feuer in unterschiedlicher Weise. Allen Verfahren gemeinsam ist das Ziel, die Bekömmlichkeit und Verdaulichkeit der Getreidestärke zu verbessern. Moderne Produktbeispiele sind das Kornfix, bei dem die Gerste leicht geröstet wird, und die TAU-Gerste, bei der zunächst das Getreidekorn mit Wasser etwas gequollen und anschließend leicht geröstet wird. Wird das Quellen bis zum Keimen der Gerste weitergeführt und anschließend auch das Rösten intensiver durchgeführt, erhält man den Malzkaffee, der besonders in Italien als Cafe d'Orzo beliebt ist.

      Von Speisegersten, Tsampa, Giotta und Gofio

      gs tsampa prepareTsampaTsampa Gerste, das traditionelle Getreidegericht Tibets, wird aus sonnengereifter Gerste hergestellt. In heißem Sand über Feuer werden die ganzen Körner geröstet, anschließend vom Sand gereinigt und dann gemahlen. Das feine Mehl wird mit salzigem Buttertee zu einem Teig geknetet (s.Abb.). Man kann auch Milch, Joghurt oder Chang, tibetisches Gerstenbier, dazu nehmen. Von diesem Teig wird nacheinander jeweils ein kleines Stückchen abgenommen, zu einer kleinen Kugel geformt und so verspeist. Eine weitere Form der Zubereitung von Tsampa ist zusammen mit Gemüse und Fleisch in einer Brühe. Süß kann Tsampa auch mit Honig oder gebranntem Zucker und mit Früchten garniert gegessen werden.Der Europäer wird darauf achten müssen steinfreies Tsampa zu geniessen, um sein Gebiss zu schonen. Ein Tsampa für Europäer ist im Naturkosthandel erhältlich. Fragen Sie danach! (Mehr zu "Sonam's Tsampa" in der Schweiz und traditioneller Zubereitung nach tibetischen Rezepten unter www.tsampa.ch)

      gs gofio 1Traditionelle Herstellung von Gofio auf FuerteventuraGofio ist das traditionelle Getreidegericht der Kanarischen Inseln. Ursprünglich wurde dazu ausschließlich Gerste verwendet. Vergleichbar mit der Herstellung von Tsampa wird das ganze Gerstenkorn mit einem Gesteinsgrus in einer Pfanne geröstet bis die Körner eine goldbraune Farbe haben (s. Abb.). Der Gesteinsgrus sollte gröber als Sand und kleiner als die Getreidekörner sein, damit er sich nach dem Rösten wieder leicht entfernen lässt. Anschließend wird das geröstete Getreide vermahlen. Denkbar ist, dass in früheren Zeiten mit etwas Geschick die Spelzen der Spelzgersten beim Rösten bereits mit verbrannt wurden. Belege dafür sind aber nicht vorhanden. Geschmacklich wäre die spelzenfreie Gerste für dieses Verfahren zu bevorzugen. Leider lohnt sich der Gerstenanbau auf den Kanarischen Inseln heute nicht mehr.

      Giotta heißt die zu Speisezwecken aufbereitete Gerste im schweizerischen Graubünden. gs buendner suppeBündner GerstensuppeIn Wassermühlen mit Stampfen wurde die bereits spelzenfreie Gerste früher zunächst enthülst und vor der Verwendung zum Kochen eingeweicht. Auch Gerstengries, also ein gebrochenes Korn, kann verwendet werden, um die typische "Bündner Gerstensuppe" (s. Abb.) oder ein "Orsotto" daraus zuzubereiten. Im Graubünden findet man sie in fast jedem Gasthof.

      kornfix gerste mit stempel 480x480Die Aufbereitung der Gerste über das Darren bzw. leichte Rösten des ganzen Kornes in einen Steinofen ohne Anquellen wird von ErdmannHausermit dem Kornfix praktiziert. Das Darren führt zu einem teilweisen Aufschluss der Stärke und zur Entwicklung einer leichten Süsse. Im Anschluss an dasDarren wird das Korn zur Grütze gebrochen. Auf diese Weise entsteht ein Schnellkochgetreide. Für die Zubereitung wird die Gerste in der doppelten Menge Wasser 3 Minuten gekocht und anschließend 15 Minuten gequollen. Kornfix ist ideal als Beilage oder für Füllungen, Bratlinge, Aufläufe, Salate TAU Gerste mit Stempelund zur Verwendung in Suppen. Kornfix-Gerste aufder Haushaltsmühle vermahlen ergibt übrigens ein Mehl wie für Gofio oder Tsampa.

       Unter den Namen Kornfix, Tau und Bulgur werden von ErdmannHauser Speisegerstenerzeugnisse angeboten, bei deren Herstellung die Körner zunächst zwischen 4 und 16 Stunden eingeweicht werden. Anschließend werden die Körner thermisch behandelt. Für diesen Ganzkornaufschluss sind spezielle Drehtrommelöfen entwickelt worden. Die auf diese Weise aufbereiteten Körner werden anschließend entspelzt und je nach Endprodukt gegrützt, gegrießt oder gemahlen. Jeder Packung ist auch genau zu entnehmen, bei welchem Bauern das Getreidegewachsen ist - ein besonderes Anliegen von ErdmannHauser.

    • Accorion Titel: Der Chroma-Test bei Speisegerste, Accordion Copy:

      chroma vier orte grossRundbilder sechs sehr verschiedener Gerstenlinien von vier StandortenDer Chroma-Test ist ein Verfahren der bildschaffenden Papierchromatographie, bei dem die zu untersuchende Lösung während des Testvorgangs ständig nachströmt. Dadurch kommt es nicht zu einer Auftrennung in Substanzbestandteile, wie sie in der Chromatographie sonst üblicherweise angestrebt wird. Bei dem hier zur Anwendung gebrachten Testverfahren wurde an die Ausführungen von PFEIFFER (1959)[Vorgeschichte] angeknüpft. Der Test musste verfahrenstechnisch zur Dokumentation von Sortenunterschieden bei Sommerspeisegerste abgewandelt werden.

      Teile des bearbeiteten Speisegersten-Sortimentes waren bereits 1986 im österreichischen Loosdorf bei Laa an der Thaya angebaut worden. Das vollständige Sortiment spelzenfreidreschender Sommergersten konnte aber erst 1987 auf Hof Grub (Gruber) bei Gars am Inn mit 0,5m² je Probe angebaut werden. Aufgrund der vergleichenden Beobachtungen wurde für den Anbau 1988 auf Hof Grub eine Gruppierung der Linien nach Herkünften, morphologischen Gruppen und Reifezeiten vorgenommen.

      Ein umfangreiches Sortiment wurde untersucht, um die Voraussetzungen für die Beurteilung der Rundbilder zu schaffen, und bei vielen Linien, die im morphologischen Erscheinungsbild übereinstimmten, fanden sich auch Übereinstimmungen im Rundbild. Es gab aber auch morphologische Gruppen, die im Sproßerscheinungsbild größte Übereinstimmung zeigten, jedoch deutlich voneinander abweichende Rundbilder. Die standortweise Ausprägung der Linien im Rundbild war ebenfalls graduell sehr verschieden. Es fanden sich Linien, bei denen über verschiedene Standorte hinweg typische Bildcharakteristiken aufrecht erhalten wurden, wie beispielsweise PI350723 (linke Spalte der folgenden Abbildung), aber auch solche, bei denen die Rundbildausprägungen standortweise deutlich voneinander abwichen.

      Die Entwicklungsreihen der Samenzustandsformen von 25 sehr verschiedenen Gerstenlinien wiesen neben der standörtlich, witterungsbedingten Differenzierung einen weiteren Weg zur Interpretation der Rundbildcharakteristiken (folgende Abbildung zeigt eine das Spektrum repräsentierende Auswahl). Die in Tangsehl 1989 schon in der Teigreife geernteten und an der Luft getrockneten Pflanzen zeigten im Samenuntersuchungsbild mehr oder weniger deutlich ausgeprägte und fein ziselierte Zapfenformen (nächste Abb. linke Spalte); ganz ähnlich zu den Rundbildern der Ernte Loosdorf 1986 (nächste Abb. oberste Zeile). Über die Gelbreife bis zum üblicherweise in der Totreife stattfindenden Drusch veränderte sich die Rundbildcharakteristik sortenspezifisch (Spalten von links nach rechts).

      Nach Ankeimen der Samen in einer Keimschale und Abbruch der Keimung durch Rücktrocknen an der Luft mittels flachen Ausbreitens auf Papier in einem beheizten Raum fanden sich wieder einander ähnlicher werdende Rundbilder (rechte Spalte), in denen die Zapfenformen nahezu verblasst waren.

      Demzufolge veränderte sich die Samensubstanz über die untersuchten Entwicklungszustände während der Reifung und Keimung sorten- und standortspezifisch mit unterschiedlicher Dynamik. Die beiden Gerstenlinien in den oberen Zeilen bewahrten den für die Teig- und Gelbreife typischen, ausgeprägt zapfenartigen, rötlichen Bildcharakter bis in die Keimung hinein (obere Zeilen), andere wie beispielsweise 'Stina' zeigten bereits keimungstypische Bilder, lange bevor überhaupt die Erntereife erreicht wurde (untere Zeile). Diese mit Hilfe der Begriffe des Reifens und Keimens zu charakterisierenden Bilder warfen die Frage nach einer Beziehung zu den Substanzgruppen auf, die sich über diesen Entwicklungsverlauf hinweg verändern.

      chroma amylasenUnter dem Einfluss der Natronlauge werden Enzyme und möglicherweise auch Speicherproteine zur Bildung von Komplexen angeregt (HAIS & MACEK 1963), die zu substanzcharakteristischen Farb- und Formgebungen im Rundbild führen. Zur Eingrenzung der bildgestaltenden Substanzgruppen wurden verschiedenste Stoffe in gleicher Weise untersucht. Mit Stärke, Zuckern und Aminosäuren konnten keinerlei Formgebungen erzielt werden, wohl aber mit ß- und alpha-Amylase (siehe nebenstehende Abbildung). Bei Verwendung von ß-Amylase traten tief eingeschnittene, deutlich ausgeprägte, rötliche Zapfenformen auf, die auch für in den Reifestadien befindliche Samen charakteristisch sind. Bei Verwendung von alpha-Amylase war dagegen ein grauer Zwischenring feststellbar und verblasste, kurze Zapfenformen mit einem grauen Farbschleier, der auch das sonst helle Bildinnere abdämpfte. Andere Getreideenzyme der Gerste konnten mangels Verfügbarkeit nicht untersucht werden, doch könnten außer den amylolytisch wirkenden Enzymen durchaus weitere hochmolekulare Proteine an der Rundbildgestaltung beteiligt sein.

      Es ist bekannt, dass von der Kornbildung über die Reifung bis zur Keimung umfangreiche Veränderungen im Enzymhaushalt eines Getreidekornes stattfinden. Im Verlauf des Kornwachstums nimmt die Konzentration der alpha-Amylase ab (ROHRLICH 1969), sofern sie überhaupt nachweisbar ist (NARZISS 1976). Auch die Lipase- und Proteaseaktivität sinkt kontinuierlich ab (ROHRLICH 1969). Die ß-Amylase liegt im Endosperm des Gerstenkorns sowohl in einer gebundenen Form vor, die erst nach dem proteolytischen Abbau der die Stärke umhüllenden Eiweiße aktiv wird, als auch in einer auf die Aleuronschicht hin zunehmend konzentrierten aktiven Form. In Abhängigkeit vom Eiweißgehalt und der Sorte unterliegt die Menge der ß-Amylase in der ungekeimten Gerste je nach den Bedingungen des Anbauortes und des Jahrgangs starken Schwankungen (NARZISS 1976). Die alpha-Amylase wird erst mit einsetzenden Keimungsprozessen von der Aleuronschicht ausgehend wieder neu gebildet. Die Vegetationszeit der Gerste und die dabei herrschenden Witterungsbedingungen sollen sich dergestalt auswirken, dass Gersten aus einer langen, kühlen Wachstumsperiode mehr alpha-Amylase entwickeln als solche aus einer kurzen, heißen und trockenen (NARZISS 1976). Auch die Lipase- und insbesondere die Proteaseaktivität steigen im keimenden Korn wieder an (ROHRLICH 1969) und beispielsweise auch die der Saccharase, die im Mehlkörper des ungekeimten Kornes noch nicht vorliegt (NARZISS 1976). Diese Zusammenhänge könnten darauf hinweisen, dass mit dem Chroma-Test die Mengenverhältnisse, in denen sich die bildgestaltenden Enzyme zum Zeitpunkt der Unterbrechung der Lebensvorgänge gerade befinden, als ein Ganzes bildhaft erfasst werden. Bei Bestätigung dieser Methode könnte der Chroma-Test in der Gerstenzüchtung dahingehend genutzt werden, solche Sorten zu bevorzugen, bei denen mit Rücksicht auf den Anbauort zum Zeitpunkt der Ernte ein für den Zustand der Erntereife bei Gerste charakteristisches Verhältnis der Substanzen zueinander erreicht ist.

      Ein besonderer Dank gilt der Mahle-Stiftung/Stuttgart und der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland, mit deren Unterstützung die zugrundeliegenden Arbeiten durchgeführt werden konnten.

    • Accorion Titel: Zur Geschichte des Chroma-Test, Accordion Copy:

      In den Jahren 1850 und 1855 veröffentlichte Friedlieb Ferdinand Runge (1795-1867), deutscher Chemiker, Entdecker des Anilins und Wegbereiter der Teerfarbenchemie, die Sammlungen "Musterbilder" und "Bildungstrieb der Stoffe". Er hatte Farblösungen auf einen Punkt eines Filterpapiers auftropfen lassen und daraufhin die Bildung regelmäßiger, von diesem Punkt ausgehender Figuren und Farben beobachtet. Wiederholte er diesen Vorgang mit der gleichen Substanz, so entstand das gleiche Ergebnis. Seine Versuchsbilder werden als die Vorläufer der Rundfilterpapierchromatographie angesehen (HAIS und MACEK 1963).

      Christian Friedrich Schoenbein (1799-1868), Entdecker des Ozons, beobachtete, dass beim Eintauchen von Papier in eine Lösung aus Jodid und Stärke diese nicht die gleiche Steighöhe erreichten wie das Lösungswasser. Nachdem er diese Ergebnisse 1861 vorgetragen hatte, entwickelte Friedrich Goppelsröder (1836-1919) daraus die Kapillaranalyse und arbeitete 50 Jahre lang in dieser Richtung. In der offiziellen chemischen Wissenschaft entstand jedoch lange kein Vertrauen zu der Methode (HAIS und MACEK 1963).

      Erst Michail S. Tswett (1872-1919) gilt allgemein als Begründer der Chromatographie und zwar deswegen, weil er das Prinzip der Erscheinungen in einer Weise erkannte, die es ihm ermöglichte, mit der Säulenadsorptionschromatographie zu einer präparativen und analytischen Methode zu gelangen. Ausgegangen war er von Erwägungen über die adsorptive Bindung pflanzlicher Farbstoffe an Eiweiß, und es war ihm gelungen, Chlorophyll mit Hilfe der chromatographischen Methode in seine Bestandteile zu zerlegen. Damit hatte er der Biochemie ein sehr feines Instrument für Trennungen äußerst komplizierter Stoffgemische gegeben (HAIS und MACEK 1963).

      Bei der in der vorliegenden Arbeit zum Einsatz gebrachten Methode geht es aber nicht in erster Linie um die Trennung und Bestimmung von Komponenten einer Lösung, sondern um die Charakterisierung der substanziellen Beschaffenheit aufgrund von Prozessen, Umwelten oder pflanzlichen Entwicklungszuständen, aus denen die Substanzen entnommen sind. Die Anregung, das Verfahren in dieser Weise zu nutzen, geht auf Rudolf Steiner (1861-1925), den Begründer der Anthroposophie, zurück. Er hatte 1923 Lili Kolisko dazu aufgefordert, ganz nach der Methode Runges Pflanzensäfte auf Filterpapier auftropfen zu lassen, und die dabei sich bildenden Gestaltungen zu beobachten. Als dies zunächst keine Resultate brachte, regte er des weiteren an, ein Salz zu Hilfe zu nehmen. Lili Kolisko entwickelte dieses Verfahren dann in Verbindung mit einem zur Homogenitätsprüfung für die Herstellung von potenzierten Heilmitteln erstellten Steighöhentest zur Steigbildmethode weiter (KOLISKO 1934; KRÜGER 1969).

      Ehrenfried Pfeiffer (1899-1961) griff die Anregung Rudolf Steiners wieder auf und entwickelte daraus in den 50er Jahren den Rundfilter-Chromatogramm-Test, um biologische Werte zu erkennen, sichtbar zu machen und eine rasche Orientierung über den qualitativen Zustand, insbesondere von Erden und Komposten, zu ermöglichen. Der Test entspricht verfahrenstechnisch im Prinzip der "Frontalanalyse" nach Runge (HAIS und MACEK 1963).

      Nach PFEIFFER (1959) "muss man, um die Interpretation der Chromatogramme zu lernen, zunächst Vergleichsbilder von bekannten, genau definierbaren Substanzen oder Präparaten herstellen, sogenannte Standards, um damit die gefundenen unbekannten Bilder zu vergleichen". Zunächst untersuchte Pfeiffer auf diese Weise Bodenproben und Komposte, doch dehnte er die Untersuchungen bald auf Samen, Mehle, Hefen und deren Produkte aus (PFEIFFER 1959 und 1960). Zur Untersuchung von Speisegersten musste das Verfahren teilweise abgewandelt und weiter spezifiziert werden.

      Quellennachweis:
      HAIS,L.M.;MACEK,K.(1963): Handbuch der Papierchromatographie. Band 1, Grundlagen und Technik.
      KOLISKO,L.(1934-1936): Mitteilungen des Biologischen Institutes am Goetheanum Nr.1-5, Dornach/Schweiz.
      KRÜGER,H.(1969): Zum Historischen der Kristallisations und der kapillardynamischen Methoden. Nachschrift nach einem Referat von Hans Krüger auf der Tagung "Bildschaffende Methoden" der Naturwissenschaftlichen Sektion am Goetheanum 2.-4.Mai 1969, Dornach/Schweiz.
      NARZISS,L.(1976): Die Technologie der Malzbereitung. 6.Auflage, Stuttgart:Enke.
      PFEIFFER,E.(1959): Eine qualitativ chromatographische Methode zur Bestimmung biologischer Werte. Zeitschrift Lebendige Erde, 205-215 (Teil I), 241-249 (Teil II).
      PFEIFFER,E.(1960): Chromatographische Untersuchungen an Samen, Mehlen, Hefen und deren Produkten. Zeitschrift Lebendige Erde, 204-206.
      ROHRLICH,M.(1969): Getreideenzyme. Berlin: Parey.

    • Accorion Titel: Das Chroma-Test-Verfahren, Accordion Copy:

      chroma technikDas Chroma-Test-VerfahrenFür die Anfertigung von Rundbildern aus Getreide werden die Samenproben am Untersuchungstag mit einer im Vermahlungsgrad einstellbaren und leicht zu reinigenden Handgetreidemühle 1-2 Stunden vor dem Aufschluss fein vermahlen. Es werden bei Hafer 1,0g, bei Gerste 2,0g und bei Weizen 3,0g vom Mahlprodukt in einen 50ml-Erlenmeyerkolben eingewogen, mit 25ml einer 0,02%igen Natronlauge versetzt und gut geschüttelt. 15 Minuten später wird die Suspension wiederholt durchgeschüttelt. Nach weiteren 45 Minuten wird die Suspension noch einmal geschwenkt, ohne dass der Bodensatz dabei aufgewirbelt wird. Bis zum Einbringen in die vorbehandelten Rundfilterpapiere sollte die Suspension weitere 3 Stunden bei Raumtemperatur (18-20°C) abstehen.

      In der Zwischenzeit können Rundfilterpapiere (Whatman-Qualitative-Filter-Paper No.4, 15cm Durchmesser) und Dochte vorbereitet werden. Mit einem Dorn wird in die Mitte der Rundpapiere ein Loch von 2mm Durchmesser geschlagen (s. nächste Abb. oben links). Auf jedem Rundpapier werden sodann im Abstand von 3,5 und 6 cm vom Mittelpunkt mit einer vorgelochten Schablone zwei Bleistiftmarkierungen angebracht, zwei weitere im rechten Winkel dazu (s. nächste Abb. oben rechts).

      Aus einigen Rundpapieren der gleichen Sorte werden Papierstreifen von ca. 15x15mm geschnitten und zu Dochten aufgerollt (s. Abb. mittig). Unmittelbar nach dem letzten Schwenken der Suspension werden die Rundfilterpapiere mit einer 0,5%igen Silbernitratlösung vorbehandelt. Dazu werden sie mit einem Docht versehen und zwischen Deckel und Boden einer Gewebeschale eingespannt, so dass die Silbernitratlösung über den Docht in das Rundpapier steigen kann. Die Silbernitratlösung soll sich bis auf einen Durchmesser von 8cm ausbreiten. Nach Entfernen des Dochtes wird das vorbehandelte, feuchte Rundfilterpapier zwischen zwei trockenen Schreibpapierbögen zwischengelagert. Unter den untersten Papierbogen und über den obersten wird ein feuchtes, ausgewrungenes, saugfähiges Tuch gelegt.

      Vier Stunden nach dem letzten Schwenken der Suspension wird die Lösung ohne den Bodensatz in einen 50ml-Erlenmeyerkolben dekantiert und dieser noch einmal mit der Lösung geschwenkt. Die Lösung wird in ein Schälchen überführt, das in einer Gewebeschale steht, und über einen neuen Docht in das vorbehandelte Rundfilterpapier bis zu einer Ausbreitung auf 12cm Durchmesser gebracht (s. letzte Abb. unten). Dann wird das Rundpapier abgenommen und nach Entfernen des Dochtes zum Trocknen aufgehängt. Bis zum vollständigen Sichtbarwerden des Rundbildes unter Lichteinwirkung können einige Tage vergehen. Mit kurzwelligem Licht (250nm) kann die Entwicklung beschleunigt werden. Langwelliges Licht (auch direktes Sonnenlicht !) führt zu einer vorzeitigen Verbräunung.

      Um Artefakte aussondern zu können, werden von jeder Probe parallel mindestens zwei Rundbilder angefertigt und über längere Versuchszeiträume mindestens eine einheitliche Probe bei jeder Versuchsserie als Vergleichsstandard mit untersucht.

      Ausführlichere Darstellungen zum Verfahren und zu den Schwankungsbreiten finden sich in:
      MÜLLER,K.J.(1998): Erweiternde Kriterien für die Züchtung von Sommerspeisegerste im Organischen Landbau. [Dissertation, Institut für Organischen Landbau, Bonn] Berlin: Köster, ISBN 3-89574-303-8.

    • Accorion Titel: Pilzkrankheiten der Gerste - ein Einstieg, Accordion Copy:

      Findet eine Gerste nicht die ihrer jeweils besonderen Eigenart gemäße Umgebung, dann entwickeln sich auf einer solcherweise geschwächten Pflanze die zu der jeweiligen Situation passenden Pilze. Einige Pilze sind im Laufe der Jahrtausende mit der Gerste eine innige Verbindung eingegangen und können ohne die Gerste nicht existieren. Wenn sie auftreten, binden sie das, was fehl am Platze ist, wieder in den Kreis des Lebens ein. Je wüchsiger die Anbaubedingungen gestaltet sind, desto bedeutender werden die Krankheiten. Im ökologischen Landbau wird die Wüchsigkeit zwar durch die Beschränkung auf innerbetrieblich erzeugte organische Dünger oder den Anbau luftstickstoffbindender Leguminosen in der Fruchtfolge natürlich begrenzt, aber insbesondere auf den begünstigten Standorten bedarf es schon einer besonderen Anpassung der Sorte an die Gegebenheiten, um ein gesundes Wachstum zu gewährleisten. Auch unter diesem Blickwinkel bedarf es einer Vielfalt an Sorten und einer regional ausgerichteten Sortenentwicklung.

      Im Vegetationsverlauf der Gerste können abhängig von den Eignung einer Sorte für die jeweiligen Gegebenheiten in allen Abschnitten Pilzkrankheiten auftreten. Für den ökologischen Anbau von besonderem Interesse sind die samenbürtigen Krankheiten, wie Flugbrand, Hartbrand und Streifenkrankheit, deren Auftreten im konventionellen Anbau durch die Behandlung mit chemisch-synthetischen Saatgutbeizmitteln über viele Jahrzehnte unterdrückt wurde. Der ökologische Landbau ist ganz besonders darauf angewiesen, über Sorten zu verfügen, die zu Standort- und Anbaubedingungen passen. Wer in den Krankheiten zu lesen vermag, der kann aber auch viel von einer Krankheit lernen, um Maßnahmen und Sorte von vornherein besser aufeinander abzustimmen. Zum Einstieg hier eine kleine Übersicht, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

      gs un3FlugbrandBeim Flugbrand (Ustilago nuda; s. Abb links) geht die Infektion von den zu einem Brandsporenlager umgebildeten Ähren aus. Die Sporen werden auf Narben und Fruchtknoten einer gesunden Blüte geweht und keimen bei 18-20°C und einer hohen relativen Luftfeuchte von 96-98% aus. Vom Fruchtknoten wachsen die Pilzhyphen in den Embryo und bilden dort dickwandige Dauerhyphen. Zusammen mit dem infizierten Korn wächst das Mycel unmittelbar hinter dem Vegetationspunkt her in Halme, Blätter und Ährenanlage. In sehr trockenen Regionen mit geringer Luftfeuchtigkeit wird Flugbrand nur selten gefunden. Insbesondere für die ökologische Saatguterzeugung hat diese Krankheit eine große Bedeutung, da bereits bei einem sehr geringer Befall kein Saatgut mehr abgegeben werden darf. Sofern sich der Befall in Grenzen hält, kann Sommergerste bei innerbetrieblicher Saatgutverwendung möglichst früh gesät werden, so dass die Keimung bei kühleren Temperaturen stattfinden kann, die dem Wachstum des Flugbrandes abträglich sind. Zum Verschwinden bringen kann man ihn damit aber nicht. Mehr zum Flugbrand.

      hartbrand gersteHartbrand Beim Hartbrand (Ustilago hordei, s. Abb.rechts) sind die Brandsporenlager, die sich anstelle der Körner bilden, lange von einem feinen Häutchen umgeben und sehr hart. Anders als beim Flugbrand erscheinen die befallenen Ähren später und bleiben kürzer, so dass sie schlechter gesehen werden. Erst mit dem Mähdrusch werden sie zerstäubt und die Brandsporen gelangen dann auf die Oberfläche der gesunden Samen, mit denen sie nach der Aussaat keimen. Mit dem Erscheinen des Keimblattes wird die Gerste dann infiziert. Temperaturen von 10-20°C sind der Infektion günstig. Bei sehr früher Saat im Frühjahr bleibt auch hier der Befall niedriger.  Mehr zum Hartbrand.

      gs dg 512 9StreifenkrankheitBei der Streifenkrankheit (Drechslera graminea; s. Abb links) werden Pilzsporen, die sich auf den Blättern kranker Pflanzen bilden, in die Blüten der gesunden Gersten geweht. Dort wachsen sie unter die äußere Samenhaut. Mit dem Samen gelangen sie als Mycel in den Boden und keimen mit der Gerste. In der befallenen Gersten breitet sich der Pilz auf den Leitungsbahnen aus und schädigt die Pflanze mehr oder weniger stark bis zum Absteben. Ungünstige Witterung, insbesondere längere feucht-kalte Verhältnisse während der Keimung erhöhen die Anfälligkeit der Gerste. In den nördlichen Ländern Europas kommt die Streifenkrankheit fast überall vor, in den südlicheren nur im Wintergerstenanbau. Sorten, die für diese Krankheit unempfindlich sind, gibt es in all diesen Regionen. Eine ökologische Züchtung muss ihnen mehr Aufmerksamkeit entgegen bringen. Im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen samenbürtigen Krankheiten empfiehlt sich bei gering befallenem Saatgut eine eher spätere Frühjahrsaussaat unter wärmeren Bedingungen, so dass die Gerste dem Pilz auf und davon wachsen kann. Mehr zur Streifenkrankheit.

      Netzflecken2014b kleinNetzfleckenkrankheitBei der Netzfleckenkrankheit (Drechslera teres, s. Abb. links) bilden sich längliche Netzmuster auf den Blättern. Unter feucht-kalten Bedingungen mit hoher Lichtintensität und regelmäßig wiederkehrender Blattnässe kann die Gerste für diese Krankheit anfällig werden. Junges, weiches Blattgewebe, das auch für kühlere Temperaturen empfindlicher ist, wird leichter vom Pilz erfasst. Triebige Düngung bildet eine nicht zu unterschätzende Voraussetzung für die Infektion. Diese Krankheit kann über das Saatgut, aber auch über infiziertes Stroh in den nächsten Anbau übertragen werden. Dann kann sich der Pilz unter für die Gerste ungünstigen Bedingungen im ganzen Bestand ausbreiten. Der Saatgutbefall kann mit einer Behandlung mit 70%igem Alkohol oder eine Warmwasserbeize saniert werden.

      gs scald broad kleinBlattfleckenkrankheitBei der Blattfleckenkrankheit (Rhynchosporium secalis, s.Abb.rechts) werden die durch niedrige Temperaturen im Stoffwechsel gestörten Blätter, insbesondere wenn bereits eine irreversible Schädigung feinster Zellmembrane nach Frosteinwirkung vorliegt, von den besonders weichen Blattachseln ausgehend geradezu verzehrt. Kühle Witterung mit einer hohen Luftfeuchtigkeit über einen längeren Zeitraum begünstigt das Auftreten der Blattflecken. Gersten mit einem dichteren Zellsaft, festeren Blättern und ausgeprägter Frosthärte sind weniger anfällig. Unter ökologischen Anbaubedingungen ist die Wintergerste eher gefährdet, wenn zum Schossen im Frühjahr Spätfröste auftreten.

      OLYMPUS DIGITAL CAMERA         Mehltau Der Mehltau (Blumeria graminis, s. Abb. links) findet ideale Entfaltungsbedingungen bei relativer Trockenheit im Boden und zugleich hoher Luftfeuchtigkeit auf zur Welke neigenden Gerstenpflanzen an warmen Tagen. Dies ist im Sommer nach geringen Niederschlägen auf einem trockenen Boden der Fall. Auch in sehr dichten, üppigen Pflanzenbeständen können diese Bedingungen auftreten. Heiße Sommertage mit geringer Luftfeuchtigkeit bieten diesem Pilz keine Entwicklungsmöglichkeiten. Unter krankheitsfördernden Bedingungen können nur solche Gersten dem Mehltau widerstehen, die eine ausgeprägte Durchwurzelung mit verminderter Transpiration verbinden können und auf diese Weise eine innerlich von Formkraft durchdrungene Konsistenz bewahren. In lichteren Pflanzenbeständen hat es der Mehltau schwerer.

      Gerste BraunrostBraunrostAuch der Braunrost (Puccinia hordei, s.Abb.rechts) benötigt eine zeitweise sehr hohe Luftfeuchtigkeit, um auf den Blättern orangebraune Rostpusteln hervorzurufen. Konnte die Gerste bis in spätere Entwicklungsabschnitte hinein ihr Eigenleben bewahren, dann aber nicht rechtzeitig in eine sukzessive Reife übergehen, so dass nun die Blätter vor Blattgrün noch geradezu strotzen, findet sich Braunrost ein. Dabei muss eine warme Witterung vorherrschen. Heiße Sommertage mag dieser Pilz allerdings nicht. In warmen Jahren ist die Gerste entsprechend stärker gefährdet. Bei einem langsamen stetigen Rückzug des Lebens aus dem Blatt im Verlauf der Reife vom Beginn der Samenbildung an bieten sich kaum Entfaltungsmöglichkeiten für diesen Pilz.

      Aus ökologischer Sicht stellt sich angesichts der verschiedenen Erkrankungsmöglichkeiten die züchterische Grundfrage, wie die Konstitution des pflanzlichen Organismus veranlagt werden muss, um unter den standortspezifischen Gegebenheiten eine den Verhältnissen angepasste Entwicklung vollziehen zu können, die dem gerstenverzehrenden Leben keine Entfaltungsmöglichkeiten bietet. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass die meisten Krankheitserreger gerstenspezifisch sind und an anderen Organismen nicht überleben können. In gewisser Weise gehören sie also zum erweiterten Gerstenorganismus dazu und stellen eine besondere Ausprägungsstufe desselben dar, die korrigierend auf die Entwicklung der Gerste zurückwirkt. Nicht ihre Vernichtung, sondern ihre Integration und ein verständnisvoller Umgang mit ihnen durch angemessene züchterische und pflanzenbauliche Handhabung der Gerste sind anzustreben, um einen gesunden Pflanzenbestand zur Reife zu führen und hochwertige Lebensmittel zu erzeugen.

    • Accorion Titel: Rezepte mit Speisegerste, Accordion Copy:
      Bündner Gerstensuppe

      von Roger Christengs buendner suppe

      Zutaten für 4 Personen (wenn nicht mehr als ein Teller pro Person verzehrt wird !):

      • 50g Gerste (Graupen, Bulgur- oder Kornfix-Gerste),
      • 20g Butter,
      • 40g Zwiebeln,
      • 60g Karotten,
      • 50g Lauch,
      • 40g Sellerie,
      • 30g weisse Bohnen,
      • 20g luftgetrockneter Rohschinken,
      • 20g Bündner Fleisch,
      • 1 Liter Bouillon,
      • 80ml Vollrahm,
      • 4g Petersilie.

      Vorbereitung: Bohnen 5 Stunden in kaltem Wasser einweichen, Zwiebeln schälen und fein hacken, Gemüse in kleine Würfelchen schneiden, Rohschinken und Bündner Fleisch ebenfalls klein schneiden, Petersilie waschen, zupfen und fein hacken.

      Zubereitung: Gemüse in Butter andünsten, Gerste und abgetropfte Bohnen zufügen und mit dünsten, Bündner Fleisch und Rohschinken beifügen, mit heisser Bouillon auffüllen, würzen, sieden, bis die Gerste und die Bohnen weich sind, abschmecken und mit Rahm verfeinern, mit Petersilie bestreuen.

      Varianten: statt Bouillon kann auch Schinken- oder Kalbsfond verwendet werden und ausserhalb Graubündens statt Bündner Fleisch auch Rauchfleisch, Rippchen oder Schinkenspeck.

      Orsotto mit grünem Spargel

      von Roger Christen

      Zutaten für 4 Personen:

      • 300g Rollgerste (oder Bruchgerste oder Kornfix),
      • 40g Zwiebeln,
      • 20g Butter,
      • 15g Kräuterbutter,
      • 800 ml Geflügelfond,
      • 2 Lorbeerblätter,
      • 6g Petersilie,
      • 40 ml Vollrahm,
      • 100g grüner Spargel,
      • 60g Alpkäse.

      Vorbereitung: Zwiebeln schälen und in kleine Würfel schneiden, Spargel schälen, kochen oder dampfen und in 2cm lange Stücke schneiden, Petersilie waschen, zupfen und grob hacken.

      Zubereitung: Zwiebel in Butter dünsten, Gerste beifügen und kurz darin wenden, mit Geflügelfonds auffüllen, Lorbeer zufügen und aufkochen, zugedeckt bei kleinster Hitze etwa 20 Minuten ziehen lassen (die Gerste soll weich, aber noch körnig sein), Spargel, Rahm, Kräuterbutter und Petersilie beifügen, kurz erhitzen und abschmecken, Reibkäse separat dazu servieren.

      Gerstensuppe deftig kräftig

      Zutaten für 4 Personen:

      • 70-80g Kornfix-Gerste,
      • 70 g kleine weiße getrocknete Bohnen,
      • 400 g geräucherte Rippchen,
      • 2 Karotten, ½ Sellerieknolle,
      • 1 Zwiebel,
      • 3 Knoblauchzehen,
      • 2 Lorbeerblättern,
      • 1 El Majoran,
      • 1 kleiner Bund Liebstöckel,
      • 1Tl Wachholderbeeren,
      • 1 Schuss Essig,
      • Salz,
      • Pfeffer

      Zubereitung (in ca.2 Std., die sich wirklich lohnen):
      Bohnen über Nacht in reichlich Wasser einweichen.
      Zwiebel schälen und in große Würfel schneiden, Knoblauch schälen und in dünne Scheiben schneiden. Gemüse schälen und in kleine Würfel schneiden.
      In einem großen Topf ca. 2 Liter Wasser, geräucherte Rippchen, Zwiebeln, Knoblauch, Lorbeerblätter, Wacholderbeeren dazugeben und ca. 20 Minuten kochen. Bohnen abgießen und hinzufügen. Alles etwa 45 Minuten kochen lassen. Kornfix-Gerste mit dem Gemüse und dem Majoran zugeben und alles weich kochen lassen. Fleisch herausnehmen etwas abkühlen lassen, klein schneiden und wieder in die Suppe geben. Die Suppe mit Salz, Pfeffer, gehacktem Liebstöckel und einem Schuss Essig kräftig abschmecken.

      Gersten-Ring (vegetarisch)

      350g Nacktgerste auf Haushaltsmühle schroten, mit 1 Teelöffel Curry ca. 5-10 Minuten unter Rühren in einem Topf rösten. 600ml Wasser und Brühwürfel zufügen, kurz aufkochen und 20 Minuten quellen lassen. Eine Ringform/Kranzform mit Butter ausstreichen und mit Sesam ausstreuen. 2 gewürfelte Zwiebel, 30g Butter, 3 Eigelb und 100g geriebenen Käse unter die Getreidemasse mischen, mit Muskat abschmecken. Eiweiß steif schlagen und unterheben. Im Backofen bei 200°C ca. 45 Minuten backen, etwas abkühlen lassen, stürzen, servieren. Dazu etwas gedünstetes Lauchgemüse oder Möhren mit einer weißen Soße und ein Blattsalat.

      Gerste mit Backpflaumen als Beilage zu (kaltem) Braten

      Zubereitung für 2 Personen:

      100 g Backpflaumen einweichen, 1 Tasse Kornfix-Gerste mit 1 1/2 Tasse Wasser kurz aufkochen und 15 Minuten quellen lassen,etwas Butter und Salz hinzufügen. Backpflaumen mit - je nach gewünschter Konsistenz- mehr oder weniger Einweichwasser und Zucker dazugeben, umrühren und 10 Minuten köcheln. Warm oder kalt zum Braten servieren.
      Gofio-Klösse in Gemüsesuppe oder -brühe

      Zubereitung für 2 Personen: 70g Kornfix-Gerste auf der Haushaltsmühle mahlen. Mehl mit dem gleichen Volumen Wasser und einer Prise Salz anrühren und 10 Minuten quellen lassen. Aus dem Teig kleine Klöße formen (Durchmesser 3-4 cm) und zu der kochenden Suppe oder Brühe dazugeben und noch 10 Minuten mit kochen.

      Tsampa mit Pflaumenmus (einfach so oder als Nachspeise)

      Zubereitung für 2 Personen: 100g Kornfix-Gerste auf der Haushaltsmühle mahlen. Mehl mit dem gleichen Volumen Wasser und einer Prise Salz anrühren und 10 Minuten quellen lassen. Aus dem Teig kleine Klöße formen (Durchmesser 3-4 cm) und in köchelndem Wasser 10 Minuten garen. Aus dem Wasser herausheben und warm mit Pflaumenmus und Butter servieren. Alternativ kann man auch etwas Pflaumenmuss vor dem Köcheln gleich in die Mitte der Klöße hineingeben.

      Süße Orangen-Nachspeise mit Kornfix-Gerste

      Zutaten für 4 Personen:

      • 300 ml Milch,
      • 100 g Kornfix-Gerste,
      • 1 Stange Zimt,
      • 2 Eßl. Zucker oder Honig,
      • 3 ungespritzte Orangen,
      • 200 ml Sahne (wer es etwas weniger gehaltvoll mag, ersetzt die Sahne teilweise oder komplett durch Joghurt natur), etwas Zimt.

      Zubereitung (in 20 Min.): Vollmilch mit einer Stange Zimt aufkochen. Kornfix-Gerste einrühren, Herdplatte ausstellen (bei Gasherd auf die aller kleinste Stufe stellen) und mit geschlossenem Deckel 15-20 Minuten quellen lassen. Getreide abkühlen lassen.
      Orangenschale einer Orange dünn abschälen (möglichst nur das Orange der Schale) und die Schale in ganz dünne Streifen schneiden. Alle Orangen filieren und den Saft auffangen. Sahne schlagen.
      Orangenschalenstreifen (einige Streifen zum dekorieren zurücklassen), Orangenfilets, Zucker (Honig) mit der gekochte Gerste mischen und geschlagene Sahne unterheben.
      Nachtisch auf Schüsselchen verteilen und mit Orangenschalen und Zimt dekorieren.

      Gersten-TAU-Creme

      0,4 l Milch zum Kochen bringen und 40g TAU-Gerste einrühren. 10 Min. köcheln und dann abkühlen lassen. 250g Quark, 2 Teelöffel Honig, Saft von 1 Zitrone mit einer Prise Salz, Vanille, Piment vermischen und die Masse zu der abgekühlten Gersten-TAU-Milch geben. Mit gemahlenen Nüssen garnieren.
      Gerstengetränk (Barley Water)

      100g Nacktgerste, ganze Körner, für ca. 5 Stunden in 2 Liter Wasser einweichen. Eine mitsamt Schale feingeschnittenen Zitrone dazugeben und zwei Stunden köcheln. Zum Süssen können zwei Datteln oder Feigen mitgekocht werden. Die Flüssigkeit abgießen und etwas auskühlen lassen, dann entweder mit Honig und einer Prise Salz, Orangen-, Zitronen-, Himbeer-, Holunderblüten-, Birnen- oder Apfelsaft abschmecken (ca. 1/2 Liter), heiss oder kalt trinken. Die weichgekochte Gerste lässt sich als Salat anrichten.

      Weitere Rezepte mit Tsampa-Gerste

    • Accorion Titel: Die Recherchen zu den Speisegersten-Seiten wurden gefördert von, Accordion Copy:

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      Ein Dank gebührt Franjo Jansen für die Gofio-Fotos, Peer Schilperoord und Roger Christen für Orsotto und unseren Förderern für die freundliche Unterstützung. 

Von allen Getreiden hat die Gerste als eines der ältesten Getreide die weiteste geographische Verbreitung erreicht. In gemäßigten, maritimen Klimaten wird sie teilweise bereits im Herbst als Wintergerste ausgesät und erst nach ca. 300 Tagen geerntet. Sie kann am Rande von Trockengebieten wie in Äthiopien und Vorderasien gedeihen, und in Tibet sogar auf einer Höhe von bis zu 4000m, wo sie bereits nach 60 Tagen reif ist. Dabei handelt es sich um jeweils völlig verschiedene Sorten, die sich am jeweiligen Ort -und meist nur dort- optimal entwickeln. Vielfältig wie die Standorte sind auch die Form- und Farberscheinungen, die sich an den Gersten unterschiedlicher Herkunft beobachten lassen.

Je nach Kulturkreis haben sich verschiedene Schwerpunkte in der Verwendung der Gerste herausgebildet. Am bekanntesten ist sicher die Verwendung zur Bierherstellung. Auch Whisky wird bevorzugt aus Gerstenmalz hergestellt. Aus intensiver geröstetem Gerstenmalz wird Malzkaffee zubereitet. Sehr umfangreich ist der Anbau der Gerste zur Fütterung der Schweine. Die Verwendung in der Ernährung scheint daneben vergessen worden zu sein. Vielleicht lag es nur daran, dass es über lange Zeiten keine Bemühungen gab, Gersten für Speisezwecke züchterisch zu bearbeiten. Für die zuvor genannten Verwendungszwecke wird nämlich fast ausschließlich Spelzgerste verwendet, hingegen sind für Speisezwecke die spelzenfreidreschenden Nacktgersten als geeigneter anzusehen. Für eine hervorragende Speisegerste bedarf es aber noch weiterer Eigenschaften, von denen der Geschmack letztendlich ausschlaggebend sein wird - sofern man die Gerste auch zuzubereiten weiß! Ganz bewusst widmen sich die nachfolgenden Informationen der Vielfalt der Gerste unter dem Blickwinkel ihrer Verwendung zur Speise und für den ökologischen Anbau. Nehmen Sie sich Zeit. Vielleicht entdecken Sie dabei etwas von der wesensgemäßen Eigenart der Gerste und finden Gefallen an der besonderen Art ihrer Verwendung.

Streifenkrankheit

Die Streifenkrankheit der Gerste (Drechslera graminea; s. Abb) ist eine samenbürtige Pilzkrankheit.

Pilzsporen, die sich auf den Blättern kranker Pflanzen bilden, werden vom Wind in die Blüten der gesunden Gersten geweht. Dort keimen sie aus und wachsen unter die äußere Samenhaut. Als Mycel gelangen sie mit den Samen zur Aussaat in den Boden und keimen zusammen mit der Gerste. Je nach Anfälligkeit der keimenden und sprossenden Gerstenpflanze breiten sie sich auf den Leitungsbahnen in der Gerste aus und schädigen die Gerste mehr oder weniger stark. Auf den infizierten Pflanzen bilden sich nur noch wenige Samen, die fast keinen Mehlkörper mehr aufweisen, sofern die Pflanzen nicht schon vor dem Ährenschieben völlig verkümmert sind. Für eine fortgesetzte Saatguterzeugung unter ökologischen Anbaubedingungen, bei der keine chemisch-synthetischen Saatgutbehandlungsmittel eingesetzt werden, ist eine möglichst geringe Anfälligkeit anzustreben. Ungünstige Witterung, insbesondere längere feucht-kalte Verhältnisse während der Keimung erhöhen die Anfälligkeit der Gerste. Dem kann vom Landwirt durch geschickte Wahl des Saatzeitpunktes mit raschem Auflaufen der Saat entgegen gewirkt werden. Leider kann man sich nicht immer auf eine für die Gerste entsprechend günstige Witterung und ein luftiges Saatbett verlassen. Um auch in diesen Fällen, den Befall möglichst gering zu halten, sind Sorten erforderlich, die auch bei etwas mehr Kühle und Feuchte während der Keimung einen gesunden Stoffwechsel aufrecht erhalten können, der dem Pilzwachstum unter natürlichen Verhältnissen keinen Angriffspunkt bietet. 

Bedeutung der Streifenkrankheit für die Ertragsbildung

Hinsichtlich des prozentualen Anteils von Pflanzen, die von der Streifenkrankheit befallen waren und dem prozentualen Ertragsverlust fand bereits SUNESON (1946) ein Verhältnis von 1:0.75 . Bei MATHUR et al. (1964) betrug das Verhältnis  1:0.8, bei  RICHARDSEN et al. (1976)  1:1 , bei   HANSEN, zitiert in TEKAUZ (1983) 1:0.6, bei  PORTA-PUGLIA et al. (1986) 1:0.9 und bei SKOU et al. (1992) betrug das Verhältnis 1:1.  Für die unterschiedlichen Verhältnisse gab möglicherweise den Ausschlag, wie stark die befallenen Pflanzen in ihrer Entwicklung bereits zu einem früheren oder erst einem späteren Stadium im Wachstum gehemmt wurden. Bei einem frühen Befall kann die Kompensation durch die gesunden Pflanzen größer, der Ertragsverlust entsprechend geringer sein. Ein Befall von bis zu 3% war nach METZ und SHAREN (1979) noch nicht nachweisbar ertragsschädigend.

Krankheitssymptome

GS Streifenkrankheit kleinePflKliene PflanzenBisher konnten je nach Gerstenmuster einige verschiedene Charakteristiken beobachtet werden. Erste Krankheitssymptome lassen sich im Feldanbau als dunkle Streifen entlang der Mitte des Blattes frühestens mit dem Beginn der Bestockung finden. Bei einigen sehr sensiblen Gerstenformen, insbesondere von äthiopischer Herkunft (z.B. PI 382625), bleiben die kranken Pflanzen sehr klein und dunkelgrün und kommen gar nicht erst zum Schossen.

 

 gs dg 615Blätter

Bei verhältnismäßig trockenen Witterungsverhältnissen während des Schossens können bei diesen Herkünften dann
die kranken Pflanzen völlig vertrocknen. Sind die kranken Pflanzen auf diese Weise noch vor der Blüte der gesunden verschwunden, können sie die gesunden Pflanzen auch nicht mehr infizieren.

gs dg 615aehKümmerliche ÄhrenBei einigen Herkünften treten die ersten Krankheitssymptome erst zum Schossen als streifenförmige Aufhellungen in Erscheinung, während bei anderen die Krankheit schon wesentlich weiter fortgeschritten ist. Im weiteren Verlauf erscheinen dann an den erkrankten Pflanzen kümmerliche Ähren mit Schrumpfkörnern.

Umgebungsbedingungen

Bedingungen während der Keimung, welche die Infektion mit der Streifenkrankheit begünstigen sind Temperaturen von 2°C über 21 Tage. Grundsätzlich sollen Bodentemperaturen unter 12°C die Infektion fördern (TEVIOTDALE und HALL 1976). Bei Temperaturen über 10°C sollen nahezu keine Infektionen mehr stattfinden (OBST 1993). Auf Nährböden wurden allerdings höhere optimale Temperaturen für das Wachstum des Pilzes gefunden. Wahrscheinlich ist bei höheren Temperaturen aber die Anfälligkeit der Gerste deutlich verringert. Sehr trockene und sehr feuchte Bedingungen scheinen der Krankheitsentwicklung abträglich zu sein (PRASAD et al. 1976).

Für eine Anfälligkeit der Gerste sind kühl-feuchte Bedingungen erforderlich, die den Gerstenstoffwechsel vereinseitigen. Bei der Streifenkrankheit handelt es sich also um eine kälte- und feuchtigkeitsbezogene Gerstenkrankheit.

Resistenztypen

SMITH (1929) unterschied drei Stufen der Infektion, die hier um weitere bekannte und erwartete Resistenztypen und Anfälligkeitsformen mit aktueller Terminologie ergänzt wurden.

  • „Cleistogamic“-Typ: Die Gerste blüht cleistogam oder bereits in der Blattscheide, so dass der Pilz nicht auf die Blüte gelangen kann.
  • „Hypersense“-Typ: Absterben nach Infektion des Meristems im Verlauf der Gerstenkeimung (SMITH 1929, 1. Stufe). Dies wäre eine extreme Übersensibilität (Hypersensibilität), die eine weitere Ausbreitung der Krankheit unterbindet, da sich keine Pflanzen mehr entwickeln können, auf denen sich der Pilz entfalten kann. Dieser Typ ist nur unterscheidbar, wenn befallene und nicht befallene Ähren unter gleichen Bedingungen geerntet und parallel zur Aussaat gebracht werden können, so dass ein eindeutig schwächerer Feldaufgang der Hypersensibilität angelastet werden kann.
  • „Sense“-Typ: Infektion der Blütenanlagen, wodurch der Haupttrieb vollständig unterdrückt wird. Diese Form der Sensibilität führt zu Pflanzen, die in der Bestockung verharren, sehr dunkelgrüne Blätter mit schmalen, braunen Streifen bilden und nur eine schwache Bewurzelung aufweisen. Bei extrem trockener Witterung gehen diese Pflanzen noch vor dem Ährenschieben der gesunden Pflanzen ein, wodurch sich der Pilz nicht weiter fortpflanzen kann. In Darzau zeigte PI 382625 eine solche Sensibilitätsreaktion.
  • „Suscept“-Typ: Streifenbildung bei einer lateralen Infektion der Blattanlagen (SMITH 1929, 2. Stufe). Dies entspricht dem typischen Krankheitsbild.
  • „Escape“-Typ: {Entwachsend} (SMITH 1929, 3. Stufe). Das 'Entwachsen' kann darin zum Ausdruck kommen, dass überhaupt keine Krankheitssymptome sichtbar werden, oder dass nach anfänglicher Erkrankung die Symptome vollständig überwunden werden. Das für die Sorte 'Modia' von SKOU und HAAHR (1987) bei Untersuchungen in Dänemark beschriebene „Escape“-Phänomen konnte bei dieser Sorte in Darzau noch nicht beobachtet werden. 'Modia' war in zwei Testjahren ohne Befall. Möglicherweise sind für diesen Ausprägungscharakter bestimmte Pilzrassen im Zusammenhang mit bestimmten Infektionsbedingungen und bestimmten Sorten erforderlich, so dass er sich schwer reproduzieren lässt.

Tolstefix

  • Saatgutbezug:

    Anfragen zu Saatgut von Tolstefix richten Sie bitte an Öko-Korn-Nord (Tel.: +49-4138-5106-0) oder Ihren Öko-Saatgutlieferanten. Betriebe und VOs, die Z-Saatgut aus Basissaatgut erzeugen möchten, wenden sich bitte zunächst an die Biosaat GmbH.

    Zunächst sollte von einer Saatstärke von 350 keimfähigen Körnern/m² ausgegangen werden. Zu hohe Saatstärken und zu hohe Bestandesdichten könnten die Kornausbildung beeinträchtigen. Auf Basis innerbetrieblicher Erfahrungen kann dann im zweiten Schritt gegebenenfalls eine Anpassung vorgenommen werden.

  • Werdegangbeschreibung:

    Tolstefix ist aus der zuletzt im Jahr 2009 vorgenommenen Kreuzung  Sunshine/Henrike//Steffi hervorgegangen. Die Entwicklung der Sorte erfolgte im Rahmen einer klassischen Stammbaum-Selektion (Pedigree) auf den Flächen der Biobetriebe im Umfeld von Darzau. Dabei wurde unter natürlichem Befall mit Streifenkrankheit und Flugbrand und künstlicher Infektion mit Hartbrand selektiert.In den beiden Wintern 2009/10 und 2010/11 erfolgte ein Zwischenanbau der Generation F1 bzw. F3 auf dem Demeter-Betrieb Milmore Downs in Neuseeland.

    Die biologisch-dynamischen Präparate wurden und werden in Züchtung und Erhaltungszüchtung angewandt. Tolstefix (BSA-Kenn-Nr. GS 3109) wurde am 17.12.2020 vom Bundessortenamt als zweite Sommerbraugerste auf Basis der Öko-Wertprüfung zugelassen und hat den EU-Sortenschutz im Eigentum der Cultivari Getreidezüchtungsforschung Darzau gGmbH.

    Die Erhaltungszüchtung findet bei Cultivari auf Ökobetrieben im nächsten Umfeld mit Anwendung der biologisch-dynamischen Präparate statt und auch die Vorvermehrung bis zum Züchtersaatgut für die weitere Vermehrung. Die weitere Vermehrung bis zum Basissaatgut erfolgt unter der Regie der Biosaat GmbH in Zusammenarbeit mit Öko-Korn-Nord auf Biobetrieben. Die Z-Saatguterzeugung kann auch von anderen Öko-VOs vorgenommen werden.

    Die Angaben zur Werdegangbeschreibung wurden von Karl-Josef Müller verfasst.

  • Züchtungszertifikat: media/acfupload/Tolstefix-Demeter-Zertifikat_small.jpg
  • Accordion Sorte:
    • Accorion Titel: Biologisch-dynamisch gezüchtete Sorte, Accordion Copy:

      Bei Demeter-Erzeugnissen unter Verwendung von Tolstefix darf darauf hingewiesen werden, dass es sich um eine "biologisch-dynamisch gezüchtete Sorte" handelt. Dies wurde am 2.7.2024 vom Demeter eV bescheinigt. Mehr zur Zertifizierung biologisch-dynamisch gezüchteter Sorten in den Demeter-Pflanzenzuchtrichtlinien.

      Bei allen nach EU-BIO-VO hergestellten Erzeugnissen darf darauf hingewiesen werden, dass es sich bei der Sorte TOLSTEFIX um eine Cultivari-Sorte handelt, die nach der Cultivari-Pflanzenzuchtrichtlinie entwickelt wurde.

      Vermehrungsorganisationen, die Öko-Z-Saatgut von Tolstefix erzeugen und vertreiben wollen, wenden sich bitte an die Biosaat GmbH.

    • Accorion Titel: Daten aus der Beschreibenden Sortenliste zu "Tolstefix", Accordion Copy:

      Tolstefix

      Eigenschaft  Wert      
       Erläuterung
      Entwicklung    
      Ährenschieben  4 früh bis mittel
      Reife   5 mittel
      Pflanzenlänge  5 mittel
      Bodendeckung  6 mittel bis hoch
      Massebildung  6 mittel bis hoch
      Bestandesdichte  5 mittel
      Kornzahl / Ähre  6 mittel bis hoch
      Tausendkornmasse  6 mittel bis hoch
      Kornertrag  4 gering bis mittel
           
      Gesundheit    
      Lagerneigung  4 gering bis mittel
      Halmknicken  5 mittel
      Ährenknicken  5 mittel
      Mehltau  6 mittel bis hoch
      Netzflecken  5 mittel
      Rhynchosporium  - noch nicht dokumentiert
      Zwergrost  4 gering bis mittel
           
      Vermarktungsqualität    
      Marktwarenanteil  7 hoch
      Vollgerstenanteil  8 hoch bis sehr hoch
      Hektolitergewicht  6 mittel bis hoch
      Eiweißgehalt  3 gering
           
      Verarbeitungsqualität    
      Malzextraktgehalt  3 gering
      Mälzungsschwand  5 mittel
      Friabilimeterwert  1 sehr gering
      Viskosität  7 sehr hoch
      Beta-Glucan-Gehalt  7 sehr hoch
      Alpha-Amylase-Aktivität  5 mittel
      Beta-Amylase-Aktivität  5 mittel
      Eiweißlösungsgrad  3 sehr gering
      Endvergärungsgrad  6 mittel bis hoch
           
      Zulassungsjahr  2020 Kennung: GS 3109

      Quelle: Beschreibende Sortenliste 2021

  • Qualitätsgruppe: Craft-Bier-Braugerste
  • Form: Sommerform
  • Öko-gezüchtete Sommerbraugerste
  • Weniger Lageranfällig und 10% mehr Ertrag gegenüber Odilia
  • Flugbrandresistent